April 2024

Dool – The Shape of Fluidity

Über die Definition von Geschlechtern und Geschlechterrollen lässt sich, gerade im Zusammenhang einer Band wie Dool bzw. Frontfigur Raven van Dorst herrlich streiten. Denn durch seine Intergeschlechtlichkeit und die damit verbunden Themen, wie Tabubrüche (oder Ver(w)irrungen) in allen Bereichen des Mensch-Seins, sorgt das Stimmwunder seit den Anfangstagen von Dool für Diskussionstoff. Völlig egal aber, wie der Hörer der Musik zu diesen Themen steht, er muss anerkennen, dass es den Niederländern auch mit „The Shape of Fluidity“ gelingt ihre Musik als emotional-spirituelle Reise zu inszenieren, die trotzdem einer intensiven, körperlichen Erfahrung gleichkommt. Dabei spielen Themen wie die Suche nach und die Definition der eigenen Identität zentrale Rollen. Passend dazu sind Dool auf ihrem Drittwerk vielseitiger denn je aufgestellt. Die Musik brandet, dem Albumtitel entsprechend, fluide auf und ab. „Venus in Flames“ eröffnet als explosiver Befreiungsschlag, zeigt aber schon die hypnotische Kraft der Melodien, die u.a. im Titelstück auf eine intime, fast schmerzhafte Spitze getrieben wird. Demgegenüber erzeugt die Gothic-Liebelei „Evil In You“ eine meterdicke Gänsehaut (was hier im Refrain passiert ist pure Musikmagie…), ehe „Hermagorgon“ die innere Zerrissenheit als aktuelle Zeitqualität packend auf den Punkt bringt. Wie Ebbe und Flut branden die Riffs von sanften Strophen zu einem dräuenden Refrain auf und ab, während Ravens Stimme die gesamte Emotionsskala entlang tanzt, ohne auch nur eine Sekunde prätentiös oder aufgesetzt zu klingen. „Hymn for a Memory Lost“ und besonders „The Hand of Creation“ wirken, trotz ihres ruhigen Grundtons, wie von Blitzen durchzuckt, stechen so tief ins Herz, dass es unausweichlich schmerzt, bergen aber doch eine Menge Potenzial für Schönheit und individuelle Freiheit, womit Dool letzten Endes ihr drittes Meisterwerk in Folge attestiert werden muss.

Dominik Maier

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