WATAIN – Die Schwarze Macht

Das schwedische Abrisskommando WATAIN hat sich im Laufe seiner Karriere zu einer der authentischsten und erfolgreichsten Bands im Black Metal gemausert. Die Musiker vereinen in ihrem Sound die brutale, primitive und rohe Gewalt die dem Black Metal Genre innewohnt mit ausgefeiltem Songwriting und einem Gespür für eingängige Melodien. Das satanistische Konzept auf dem die Band fußt ist gewiss nicht neu, aber die Musiker leben WATAIN ohne sich mit ihrer Musik oder als Personen an irgendwem oder irgendwas anzubiedern. Diese Konsequenz verdient Respekt. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das die Musiker von anderen Black Metal Bands unterscheidet, ist die immer glasklare Produktion ihrer Alben. WATAIN brauchen keine verwehten Sounds oder scheppernde nach Kellerproduktion klingende Drums um ihren pechschwarzen Metal bösartig und extrem erscheinen zu lassen. Der Band gelingt dies alleine durch ihre Kompositionen und der Kombination aus den Texten des Sängers Erik und ihrem Auftreten. In den folgenden Texten beschreibe ich meine Erfahrungen mit der Musik der Band und bespreche alle ihre Studioalben vom Beginn ihrer Karriere bis zu ihrem aktuellsten Release.


1. Rabid Death‘s Curse (2000) 

WATAIN’s erster Longplayer ist ein Black Metal Bastard auf dem die Rohheit und der Dreck des Genres noch am deutlichsten zu hören sind. Kehlige Schreie, klirrend kalte Gitarren und rasende Drums dominieren das Album. Allerdings schaffen die Musiker bereits auf „Rabid Death’s Curse“ das Kunststück aus dem Black Metal-Einheitsbrei herauszustechen. Thematisch wildert man zwar im satanistischen Ursprung des Genres, doch musikalisch ist der hohe Anspruch der Band an ihre Kunst bereits hörbar. Jeder Handgriff sitzt, denn die Musiker beherrschen ihre Instrumente. Insgesamt herrscht zwar Hochgeschwindigkeitsgeballer vor und auch die Produktion ist genretypisch nicht zu sauber, doch WATAIN beweisen ein feines Händchen für Melodien und die dreckige Attitüde der Platte verleiht der Musik einen bedrohlichen Charme. Die Gitarren schneiden kalt aus den Boxen und der Bass wummert (yeah!). Eriks Screams orientieren sich zwar noch deutlich am traditionellen Black Metal, doch die Eigenheiten seiner Stimme sind bereits zu erahnen. Dass hierbei kein einzelner Song hervorsticht beweist, dass es WATAIN bereits mit ihrem ersten Album gelungen ist ein zusammenhängendes Stück Schwarzmetall zu gießen.


2. Casus Luciferi (2003)

Es geht in die zweite Runde. WATAIN hauen ihren nächsten Hassbatzen unters Volk. „Casus Luciferi“ beschwört vom ersten Ton an die Hölle herauf. Das Highspeed Geschoss „Devil’s Blood“ eröffnet den satanistischen Reigen. Und wieder: Die Band zeigt bereits am Anfang, dass sie ein Händchen für spannende Musik hat. Melodisch schneidende Gitarren und brutale Drums peitschen Eriks irre Stimme durch den Song. Mit „Opus Dei (The Morbid Angel)“ walzen die drei Verrückten alles und jeden nieder. Mächtige Drums, Riffs die sich ins Gehör fräsen, ein teilweise melodischer Bass und Eriks brutales Organ fallen über den Hörer her und lassen ihn nicht mehr los. „Puzzles ov Flesh“ rast über den Hörer hinweg, offenbart bei genauerem Hinhören aber einige interessante Details (vor allem die Bassmelodien in den langsameren Momenten wissen zu gefallen). „I Am The Earth“ lässt keine Zeit zum Verschnaufen. Zwar wird das Tempo geschickt variiert, doch die Zeichen stehen auf Sturm. „The Golden Horns of Darash“ ist ein Frontalangriff der aber immer wieder von einigen Breaks aufgelockert wird. Die Gitarren sind heavy, kalt und melodisch und Eriks bedrohlicher Gesang thront über dieser massiven Dunkelheit. Nach der Raserei „From the Pulpits of Abomination“ ertönt ein Gewitter und leitet den finalen Titeltrack ein. Was für ein Monumentaltrack: WATAIN beschwören die musikalische Hölle herauf und holzen sich knappe neun Minuten lang durch einen grandiosen Song mit einigen Wendungen. Dabei verliert sich die Musik nie in Eintönigkeit und bleibt bis zum letzten Ton spannend. Die klirrend kalten Gitarren, die energischen Drums, der wummernde Bass. Alles sitzt perfekt. Und all diese Schwärze trägt Eriks Stimme. Mal aggressiv hassend, mal eindringlich keifend aber immer punktgenau schickt der Sänger die Botschaft der Band hinaus in die Welt. WATAIN sind mit „Casus Luciferi“ zur vielleicht wichtigsten aktuellen Black Metal Band aufgestiegen.


3. Sworn to the Dark (2006) 

WATAIN‘s Dritte ist ein Machtwerk. Alle Trademarks der Schweden sind nach wie vor vorhanden und doch setzt „Sworn to the Dark“ nochmal einen drauf. Die Musik ist stets anspruchsvoll und vereint, mit viel Liebe fürs Detail, Erhabenheit und mitreißende Melodien ebenso wie pure Raserei und satanistischen Wahnsinn. „Legions of the Black Light“ gibt gleich zu Beginn die Marschrichtung des Albums vor. Melodischer Black Metal zwischen Hochgeschwindigkeits-Raserei und Midtempo-Walzen. Erik ist nach wie vor ein Ausnahmesänger in seinem Genre. Jedes Wort ist verständlich und seine Stimme thront wie ein bedrohlicher Schatten über der Musik, wobei er jederzeit als angriffslustige Bestie zuschlagen kann. „Satan’s Hunger“ wird mit fetzigen Thrash Metal Anleihen versehen und die Gitarren bleiben hartnäckig im Ohr kleben. Das atmosphärische Zwischenspiel „Withershins“ gönnt dem Hörer eine kurze Pause von dem Höllenfeuer, ehe „Storm of the Antichrist“ losbricht. Der Song ist eine geniale Hymne mit Potential zum mitgrölen und pendelt zwischen Raserei und Melodie. Auch „The Light that Burns the Sun“ bleibt hartnäckig im Ohr und baut sich bedrohlich auf ehe der Titeltrack melodisch und schnell losbricht. Eriks Gesang ist vor allem im Refrain beschwörend und dunkel. Die feinen Melodien verleihen dem Song zusammen mit den Midtempo-Grooves eine bedrohliche Aura die immer weiter verstärkt wird. Das melodische Intro von „Underneath the Cenotaph“ gleicht der Ruhe vor dem Sturm, denn der Song rast mit aggressivem Gepolter über den Hörer hinweg, hat einige coole Thrash Metal Anleihen und eine Fülle an Melodien. „The Serpent‘s Chalice“ walzt im Midtempo daher und hat eine betörende Grundmelodie, die in Kombination mit Eriks Botschaften eine regelrechte Trance hervorruft. Nachdem der Song mit einer wunderschönen Gitarrenmelodie ausklingt bricht „Darkness and Death“ eruptiv los. Heftige Blastbeats paaren sich mit kalten Melodien. Eriks Stimme kommt eher akzentuiert zum Einsatz und wirkt dadurch noch bedrohlicher. Das ruhige Instrumental „Dead but Dreaming“ leitet schließlich das Finale ein. „Stellarvore“ ist ein kleines Meisterwerk und bleibt über seine acht Minuten Länge durchweg spannend. Ein erhabenes Intro geht in rollende Doublebass über, die immer wieder von langsameren Parts aufgebrochen wird. Erik beschwört die Hölle herauf und die Gitarren klingen melodisch und doch kalt und scharf wie Rasiermesser.

Fazit: Um das Album zu verstehen muss man es selbst gehört haben. WATAIN haben mit „Sworn to the Dark“ ihren vorläufigen kreativen Höhepunkt erreicht und ein wahres Black Metal Meisterwerk abgeliefert.


4. Lawless Darkness (2010)

Der Titel des vierten WATAIN Albums beschreibt die Essenz der Musik ziemlich gut. „Lawless Darkness“ ist tatsächlich genau das: Allumfassende Dunkelheit, die in wütenden und kompositorisch ausgefeilten Songs über den Hörer hereinbricht. Der ruppige Opener „Death’s Cold Dark“ schlägt nach einem atmosphärischen Intro hart und schnell zu. Das folgende „Malfeitor“ ist vielleicht einer der besten Black Metal-Songs überhaupt. Die unheimliche und aggressive Stimmung lässt trotzdem Raum für musikalische Finesse mit einigen Tempowechseln und grandiosen Melodien. WATAIN ist hier ein absoluter Black Metal-Ohrwurm gelungen. „Reaping Death“ kommt danach einem Schlag ins Gesicht des Hörers gleich. Doch nach der ersten Minute wird das Tempo gedrosselt und eine betörende Gitarrenmelodie sorgt für Gänsehaut. Dieses Wechselspiel aus Raserei und betörender Langsamkeit wird in „Four Thrones“ fortgeführt. Auch hier pendeln WATAIN zwischen Hysterie und schleppender Dunkelheit wobei sich die Gitarrenarbeit hartnäckig ins Langzeitgedächtnis gräbt. Grandios! „Wolves Curse“ beginnt mit einer ruhigen Gitarrenmelodie ehe ruppige Drums einsetzen und eine wunderbare Melodie die Strophen einleitet. Eriks Stimme ist beschwörend und harsch wie eh und je. Nach halber Spielzeit bricht das Tempo ab und der Song versinkt in doomiger Schwere, was das Hörerlebnis nochmal intensiviert. Das instrumentale Titelstück lebt von seinen vielfach variierten Leadmelodien, „Total Funeral“ ist ein harscher Wutausbruch und „Hymn to Qayin“ vereint eine melodisch-hypnotische Atmosphäre mit düsterer Aggression (Album Highlight!). „Kiss Of Death“ ist ein abwechslungsreich konzipierter Düsterbrocken mit feinen (manchmal beinahe melancholischen) Melodien. „Waters Of Ain“ ist schließlich ein monumentaler Abschlusssong. Über eine Länge von knapp 15 Minuten schaffen es WATAIN alle Stimmungen ihrer Musik in einem Song zu bündeln. Nach dem hypnotischen Intro nimmt der Song Fahrt auf. Die Gitarren riffen kalt und melodisch, harte und schwere Drums walzen voran und Eriks Gesang klingt mal beschwörend heiser, mal aggressiv und böse. Im zweiten Songdrittel klingen die Gitarren beinahe klagend melodisch, ehe das Tempo gedrosselt wird und Eriks Stimme, von langsamen Drums und einer fast sehnsüchtigen Gitarrenmelodie getragen, in dunkles Raunen übergeht. Der Song endet in einem düsteren Outro mit famosen Melodien und schnellen Drums.

Fazit: Mit über einer Stunde Spielzeit machen es WATAIN auch ihren eingefleischten Fans nicht einfach. Und doch ist der Band mit „Lawless Darkness“ ein fantastisches Black Metal Album gelungen das das Potenzial hat in Zukunft als Referenzwerk für schwarze Kunst zu gelten.


5. The Wild Hunt (2013)

Die Black Metal Heroen von WATAIN gehen in die fünfte Runde. „The Wild Hunt“ vereint Altbekanntes mit neuen Facetten. Nachdem das düstere Intro „Night Visions“ die Jagd mit cleanen Gitarren und Akkordeonklängen eröffnet bricht in „De Profundis“ die sprichwörtliche Hölle los. Der chaotische, brutale Speed-Black Metal des Songs zeigt WATAIN in bösartiger Bestform. „Black Flames March“ schlägt in eine ähnliche Kerbe. Die melodisch-düsteren Gitarren werden von stampfenden Drums unterfüttert. Eriks Stimme klingt beschwörend morbide und die Kälte des Songs wird durch einige Gangshouts und Spoken-Word Einschübe noch verstärkt. „All That May Bleed“ klingt deutlich progressiver als alles von WATAIN bisher gekannte. Und doch ist die Stimmung düster und aggressiv. Weiter geht’s mit „The Child Must Die“ das zügig loslegt und sofort ins Ohr geht. Die eingängigen Gitarren harmonieren sehr gut mit dem stampfenden Schlagzeug und Erik keift aggressiv und bösartig. Das Herzstück des Albums markiert das folgende „They Rode On“. Einer düsteren Ballade, in der Erik seine wunderbar dunkel raunende und doch melodische Clean-Stimme zeigt. Der Track ist kompakt komponiert und schleppt sich durch eine morbide und pathetische Grundstimmung die immer weiter verstärkt wird. Dabei fügt sich das melodische Gitarrensolo in der Songmitte wunderbar ein und auch die verträumten Harmonien passen perfekt. Definitiv einer der besten Songs die WATAIN je geschrieben haben. „Sleepless Evil“ markiert danach den krassen Gegensatz. Es wird wieder rasant und sperrig. Erik speit Gift und Galle und die Instrumentierung ist kalt und aggressiv. Der Titeltrack markiert einen weiteren Höhepunkt des Albums. Die Band schafft es erhabene Epik mit abgrundtiefer Bösartigkeit sowie fantastische Melodien mit aggressiven Shouts und dunklem Klargesang zu verknüpfen. Genial! „Outlaw“ ist eine dissonante Highspeed-Granate die von Tribal-artigen Drums umrahmt wird. Der thrashige Einschlag macht die Raserei nur noch fieser. Mit „Ignem Veni Mittere“ präsentiert die Band ein weiteres Highlight. Das düstere Instrumental beginnt mit einem ruhigen, melodischen Intro und geht dann in einen stampfenden Midtempo-Groove über, der viel Raum für Melodien und Soli lässt. „Holocaust Dawn“ spannt dann den Bogen zurück zum Anfang des Albums. Abwechslungsreiches Songwriting pendelt zwischen Raserei und zähflüssigem Black-Doom, in dessen Mitte erneut ein Akkordeon erklingt. Eriks Gesang deckt von dunklem Raunen, über heiseres Flüstern, bis hin zu harschem Gekeife alles ab. Die Gitarrenläufe sind mal harmonisch-verträumt, mal düster und dissonant. Das abrupte Ende irritiert zunächst ein wenig und lässt den Hörer geplättet zurück. Super!

Fazit: WATAIN haben ihren ureigenen Sound um einige spannende, neue Facetten erweitert und sind trotzdem unverkennbar im Black Metal verhaftet geblieben. Mit „The Wild Hunt“ haben sie ein geniales Stück schwarzer Kunst geschaffen und man muss regelrecht gespannt sein wo die weitere Reise der Musiker hinführt.


6. Trident Wolf Eclipse (2018)

WATAIN holen zum nächsten Schlag aus. Und der hat es in sich. „Trident Wolf Eclipse“ ist das totale Höllenfeuer. Bereits der Opener „Nuclear Alchemy“ ballert viehisch und aggressiv drauflos. „Sacred Damnation“ ist nicht minder stürmisch, kommt aber dank gelegentlicher Tempowechsel etwas düsterer daher. Danach klingt „Teufelsreich“ etwas weniger rasant, wird aber von den zwischen Blastbeats und Halftime-Groove pendelnden Drums druckvoll angeschoben. Die Gitarrenarbeit ist düster, melodiös und auch der Bass klingt dunkel und morbide. Zwischendurch ziehen WATAIN das Tempo immer wieder etwas an und halten den Song damit spannend. Über all dieser Dunkelheit keift Erik seine Botschaften in gewohnt bösartiger Manier in die Welt hinaus. „Furor Diabolicus“ drückt das Gaspedal wieder voll durch. Allerdings präsentiert die Band einen spannenden Midtempo-Mittelteil. Eriks Vocals klingen noch eine Spur garstiger und die Melodieführung der Gitarren ist zwar etwas reduzierter, hat aber einige kurzweilige Soloparts zu bieten. In „A Throne Below“ steht Highspeed Black Metal Raserei auf dem Plan. Zwischendurch werden immer wieder kurze Parts eingebaut in denen die Band das Tempo etwas variiert. Insgesamt klingt der Song (vor allem wegen der Melodieführung der Gitarren) etwas kälter als das bisher Gehörte, wirkt aber nicht weniger garstig. „Ultra (Pandemoniac)“ beginnt mit einem düsteren Intro und feuert dann hart und schnell los. Die Strophen sind im (schnelleren) Midtempo gehalten. Die Gitarren pendeln zwischen harschen Riffs und schnellen Melodien. Die Doublebass wird ordentlich durchgedrückt und Eriks Gesang überschlägt sich teilweise. Er schreit und keift Gift und Galle ehe der Song mit diabolischem Gelächter endet. „Towards the Sanctuary“ ist ein aggressiver Frontalangriff und erinnert in seiner Geschwindigkeit stellenweise an Marduk, allerdings ist der ureigene Stil von WATAIN unverkennbar vorhanden und die Raserei in dem Stück passt super. „The Fire of Power“ beginnt wieder schleppender. Eriks Stimme hüllt die Instrumente wie ein Kokon ein, doch die vereinzelt eingestreuten, ruhigeren Momente und die (beinahe) verträumten Gitarrenmelodien brechen die dichte Atmosphäre etwas auf. Der Bonustrack „Antikrists Mirakel“ beginnt mit schamanischem Gesang ehe die Drums hart und schleppend einsetzen. Die Gitarren klingen schwer und düster und die gesprochenen Vocals verleihen dem Song eine dystopische und unheilvolle Aura.

Fazit: WATAIN besinnen sich nach dem, für einige Fans etwas schwierigen Vorgänger „The Wild Hunt“ mit „Trident Wolf Eclipse“ wieder auf ihre Anfänge und lassen ein garstiges und aggressives Black Metal Album auf die Hörer los. Ob die schiere Brutalität und Aggressivität des Albums nun gut oder schlecht ist sollte jeder Fan für sich entscheiden.


7. The Agony & Ecstasy Of Watain (2022)

WATAIN wollten sich nie künstlich klein halten. Dementsprechend haben die Schweden auch nie versucht etwaigen Erwartungen zu entsprechen. Diese Zielstrebigkeit und künstlerische Ernsthaftigkeit waren und sind nach wie vor zwei spürbar starke Triebfedern von Erik Danielsson und Co. „The Agony & Ecstasy Of Watain“ ist aber sowohl eine Art Zäsur, als auch ein Neuanfang. In gewisser Weise wirkt das Album wie ein Manifest, mit dem WATAIN ihre Identität geschärft haben und detailreich wie nie zuvor darlegen. Wichtig für das Verständnis der Band ist es seit jeher, dass WATAIN viel mehr als „nur“ Musik sind. Für die Schweden ist dieses Konstrukt persönlicher Herzensausdruck, einhundertprozentiger Lebensinhalt. Vor diesem Hintergrund ist es umso spannender sich auf die fanatische Reise, die „The Agony & Ecstasy of Watain“ zweifellos geworden ist, einzulassen. Das Album führt durch sämtliche Schaffensperioden der Band: Vom wüst-brachialen Einstieg „Ecstasies In Night Infinite“ über das kriechende „The Howling“, das die epische Seite der Band mit ihrem charakteristischen Chaos verbindet und sich zu einer Dunkelhymne für die Ewigkeit entwickelt, bis hin zu Songs die den ursprünglichen, fast punkigen Ansatz der Anfangszeit des Black Metal erkennen lassen („Lepers Grace“, in Teilen auch „Black Cunt“) beweisen WATAIN, dass es sehr wohl möglich ist aus dem eigenen Schaffen die größte Inspiration zu ziehen. Dabei verkommen sie nie zum Selbstplagiat, sondern zeigen sich fokussierter denn je. Erik Danielsson und Co. wissen ganz genau was sie wollen und wie sie ihrer Kunst den passenden Ausdruck verleihen. Dabei scheuen sie sich auch nicht vor eingängiger Melodik, was Songs wie „Before the Cataclysm“ zu Hymnen für die Black Metal-Ewigkeit macht. Gleichzeitig leitet dieser Song das ekstatische Finale von „The Agony & Ecstasy of Watain“ ein. „We Remain“ geht dabei noch weiter: Auch dank Farida Lemouchis unvergleichlichem Timbre erzeugt dieses Lied einen Sog, der dem nächsten Schritt in die Tiefe der musikalischen Welt dieses Albums gleicht. „Funeral Winter“ dagegen reißt die Ekstase wieder ein Stück entzwei, brettert es doch unbarmherzig drauflos. Die Melodie-Einschübe gegen Ende sorgen außerdem für eine irgendwie verstörende Stimmung, die im mächtigen Finale „Septentrion“ nochmal auf eine andere Ebene gehoben wird. Hier gelingt WATAIN das Kunststück, die zwei Stücke zuvor erzeugte Epik mit noch mehr Spiritualität aufzuladen. Die Ekstase, die diese Band für die Musiker genauso ist, wie sie gelebter Alltag ist, tritt noch deutlicher in den Vordergrund.

Fazit: WATAIN haben mit „The Agony & Ecstasy of Watain“ ein weiteres mal bewiesen, dass sie außerhalb jeglicher Konkurrenz agieren und sich sämtlichen Vergleichen entziehen. Das gilt sowohl für die musikalische Klasse als auch für die spirituelle Ernsthaftigkeit mit der die Musiker ihr Werk betreiben.

Dominik Maier


Dunkelheit, Tod und Verderben

Warum WATAIN einzigartig sind und auf ihre Art und Weise eine der wegweisenden (Black) Metal Bands der aktuellen Zeit sind.

Das Licht wird vom Großteil der Menschen als Quelle des Lebens, der positiven Energie und Symbol für das Gute erachtet. Die Dunkelheit hingegen wird in diesem Kontext oft als Synonym für das Böse, das Gefährliche und Unberechenbare gesehen. Die Schwärze ist der Gegenspieler des Lichts und der Tod ist der Feind des Lebens. Die allgemeine Abscheu vor dem Tod bzw. dem Sterben liegt vermutlich vor allem daran, dass wir nicht wissen was uns nach dem Ableben erwartet. Lebt die Seele weiter? Entschwinden wir in ein großes Nichts? Oder werden unsere sterblichen Überreste am Ende nicht mehr sein als Nahrung für die Kleinstlebewesen unserer Erde? Die großen Fragen unseres Lebens finden seit jeher auch in der Kunst Beachtung. Bilder wie Edward Munch’s „Der Schrei“ zeigen im weiteren Sinne die Auswirkungen der existenziellen Angst vor dem Unbekannten. In der Mainstream Welt der modernen Popkultur finden Themen wie der Tod oder das Sterben entweder gar nicht statt oder sie werden als negative Elemente des Lebens dargestellt. Auch in der Religion (die mal mehr und mal weniger in der modernen Popkultur eine Rolle spielt) wird der Tod (weitestgehend) gleichgestellt mit den negativen Gefühlen oder Ängsten die jeder Mensch kennt. Gut, die menschliche Natur ist in erster Linie auf das Überleben und die Vermeidung von negativen Erfahrungen programmiert, aber diese Art von Erfahrung macht jeder Mensch trotzdem immer wieder. Bleiben wir beim Thema Tod in der Kunst, so landen wir irgendwann auch bei dem musikalischen Subgenre des Black Metal. Hier findet eine künstlerische Auseinandersetzung mit allem was der Mensch im Allgemeinen als negativ, schlecht oder böse empfindet statt. Die Musik ist (meist) hart, brutal und düster. Die Texte sind oft antichristlich oder satanistisch geprägt, allerdings wird auch das Leben an sich hinterfragt und der Tod (mal mehr und mal weniger) glorifiziert. Doch muss man unterscheiden zwischen Bands und Musikern die diese Thematik lediglich als Image verwenden und einfach nur harte Musik spielen wollen und solchen die ernsthafte Spiritualität in ihre Musik integrieren und diese mit der gleichen Hingabe verfolgen und versuchen auszuleben mit der sie musizieren. WATAIN gehören sicherlich zu letzteren Musikern, denn für sie stehen die Inhalte ihrer Kunst mindestens auf der gleichen Stufe wie die Musik selbst wenn nicht sogar die Texte noch mehr Gewichtung und Bedeutung für die Bandmitglieder haben als die eigentliche Musik. Der Kosmos WATAIN ist ein in sich geschlossenes Konstrukt das von den Bandmitgliedern in erster Linie für sie selbst geschaffen wurde und auf Außenstehende eher undurchschaubar und sektenähnlich wirken mag. Das ist von den Bandmitgliedern aber durchaus auch bis zu einem gewissen Grad so gewollt. Das Alleinstellungsmerkmal der Band ist die völlige Hingabe der Musiker an ihr künstlerisches Ideal, das zugleich auch ein persönliches Ideal ist. Diese komplette Vermischung von Kunst und „echtem Leben“ macht auch einen Teil der Faszination für die Band aus. Alle Themen und Ideale die in WATAINs Texten stattfinden sind nicht nur plakativer Satanismus um die Worte der Musik anzupassen, sondern ehrlicher und ernst gemeinter (intellektueller) Satanismus der von den Musikern praktiziert, zelebriert und in der Band kompromisslos ausgelebt wird. Das muss man nicht zwingend gut finden und es ist auch richtig über die (spirituelle) Gesinnung von Künstlern zu diskutieren. Aber die Konsequenz, Leidenschaft und Hingabe mit der WATAIN ihr spirituelles und künstlerisches Ziel verfolgen ohne sich, auch innerhalb der Metalszene, an etwaige Trends anzubiedern, verdient Respekt.

Dominik Maier

One thought on “WATAIN – Die Schwarze Macht”

  1. Watain….wahrlich eine schwarze Macht…….für mich ist The Wild Hunt das schwarze Meisterwerk schlechthin……in diesem Sinne düstere Grüße…….Rock on

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