Kvelertak – Endling

Das einzig berechenbare an Kvelertak ist nach wie vor, dass sie unberechenbar sind. Mit „Endling“ aber blasen die Norweger zum kreativen Großangriff. Black Metal, Rock n‘ Roll, Classic Rock, Punk…die Band gräbt den Genregarten nach Herzenslust um. Dabei klingen sämtliche Songs spritzig, warten mit Hooklines auf, die sich sofort im Stammhirn einbrennen und einem doch die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Denn nichts an diesem Album ist vorhersehbar. So eingängig und kompakt die Stücke wirken, auch nach vielen Durchläufen finden sich immer neue Details (in den Gitarrenmelodien, den Gesangsharmonien, oder dem spritzigen Charme), die aufhorchen lassen und den Hörer fesseln. Den Norwegern gelingt es mit spielerischer Leichtigkeit den Hörer zum mitschreien der Texte zu bewegen, völlig egal ob er des Norwegischen mächtig ist oder nicht. Und dass sie sich ihre Vielfalt bewahrt, ja, sie weiter ausgebaut haben, zeigen die Musiker bereits mit dem Opener „Krøterveg Te Helvete“, der das Zündpotenzial des Albums repräsentativ vorweg nimmt. Fronter Ivar Nikolaisen schreit sich die Stimmbänder aus dem Hals, verbiegt sich vor dem geistigen Auge in alle Richtungen und nimmt gleichzeitig eine Dusche unterm Feuerwasser. Das Vermeiden einer klassischen Songstruktur dient der Spannung und sorgt dafür, dass es auch nach dem x-ten Durchlauf noch frische Elemente zu entdecken gibt. Dass aber die gesamte Band hier groß auffährt, lässt sich u.a. am Einfallsreichtum der Gitarristen feststellen. So locker lässig zwischen Classic Rock-Melodien, rotzigem Punk n‘ Roll und Black Metal (um mal drei wichtige Pfeiler des Sounds zu nennen) hin- und her zu schwenken muss man auch erstmal glaubhaft und in dieser Qualität hinbekommen. Das nächste Kunststück gelingt der Band damit, dass sie sich mit jedem weiteren Song in einen hörbaren Rausch voller Zügellosigkeit und Wahnsinn hineinsteigert. Die pure Freude am Tun ist der heiß laufende Motor diese musikalischen Achterbahnfahrt durch einen farbenfrohen Tunnel voller Abzweigungen und scharfer Kurven zwischen den Genres. Es bleibt dabei: Kvelertak sind Ausnahmekönner und befinden sich mit „Endling“ auf einem neuen kreativen Zenit, der aber wohl noch nicht das Ende der Fahnenstange ist.
Dominik Maier