Heaven Shall Burn – Of Truth and Sacrifice

19 Songs auf 2 CDs mit insgesamt über 100 Minuten Spielzeit. Puh…was für ein Mammutprojekt. Allein aufgrund der Länge muss dieses Album wachsen und als Hörer braucht man Zeit um das Material gänzlich zu erfassen. Hat man den Einstieg in die Scheibe aber gemeistert ist „Of Truth and Sacrifice“ ein superbes Stück Hartmetall ohne Scheuklappen. Die Musik strotzt vor Wut und Zorn ob dem aktuellen Zustand der Gesellschaft und der Welt, was sich natürlich auch in den Texten niederschlägt die aber auch die Kehrseite dieser Wut beleuchten. Thematisch lässt sich das Album grob in zwei Teile unterscheiden. Während „Of Truth“ die kämpferische Ausrichtung der Thematik betont ist „Of Sacrifice“ der nachdenkliche Rückblick auf den ersten Teil und stellt drängende Fragen wie: Was bleibt? Waren die erbrachten Opfer sinnvoll? Musikalisch bietet das Album eine breite Palette die von brutalen Abrissbirnen wie „Protector“ oder „Eradicate“ über Experimente wie dem bedrückenden „Übermacht“ bis hin zum herzzerreißenden Abschluss „Weakness is leaving my Heart“ reicht. Der emotionale Höhepunkt allerdings heißt „Expatriate“. Zusammen mit den Minsker Philharmonikern ist HSB hier ein nervenaufreibender Appell gelungen der zwischen Wut, Überforderung, Betroffenheit und anklagendem Zorn hin und her pendelt. Einen großen Anteil daran hat vor allem die Spoken Word Passage deren abschließende Stille in das typisch wütende Gebrüll mündet und den Hörer betroffen und nachdenklich zurücklässt. Das tonnenschwere „What War Means“ walzt danach einfach alles nieder und führt mit seiner schleppenden zweiten Hälfte auf den „Of Sacrifice“-Teil des Albums hin. Doch davor zeigt sich „Terminate the Unconcern“ nochmal kämpferisch ehe „Of Truth“ von dem traurigen Steicherintermezzo „The Ashes of my Enemies“ beschlossen wird. Die Energie von „Children of a Lesser God“ packt sofort und auch das melodische Riffing kann begeistern ehe „La Resistance“ mit pulsierenden, beinahe tanzbaren Dark Wave Grooves überrascht. Das funktioniert erstaunlich gut und wird nach und nach zu einem wichtigen Eckpunkt von „Of Sacrifice“. Ein weiteres Highlight ist „The Sorrows of Victory“, ein achtminütiger Grower mit Gothic-Anleihen (der Gastgesang vom Lords of the Lost-Frontmann passt dementsprechened gut), der sich nach und nach in Richtung doomigen Death Metal entwickelt. „Stateless“ ist ähnlich rabiat wie zuvor „Protector“ und überzeugt einmal mehr mit tollen Melodien und unbändiger Energie, ehe „Tirpitz“ mit seinem massiven Groove in Bolt Thrower Gefilde vordringt. Nach dem ungestümen Wutausbruch „Truther“ wildert „Critical Mass“ gar in Grind-Gefilden. Dass Matthi von Nasty hier mitbrüllen darf passt dementsprechend gut. Bevor es zum bereits erwähnten emotionalen Finale der Scheibe kommt kracht „Eagles Among Vultures“ nochmal fett. Mit teils an Rammstein erinnernder Dramatik steigert sich der Song vom bolligen Stampfer hin zu einem Break mit Streichern und endet als vollkommener Wutausbruch. „Weakness is leaving my Heart“ beschließt das Album als traurige Wendung nach innen und beantwortet die gestellten Fragen mit der Erkenntis dass Chaos sowohl in einem selbst als auch in der Umwelt letztlich nur in ein destruktives Ende münden kann.
Fazit:
Heaven Shall Burn haben mit „Of Truth and Sacrifice” ihr vorläufiges Meisterstück geschaffen. Das Album muss wachsen und es bedarf bestimmt mehrmaliger, intensiver Auseinandersetzung mit dem Material, doch die Musik ist ihre Zeit wert und bietet eine emotionale Achterbahnfahrt der man sich nur schwer entziehen kann.
Dominik Maier