1. Dark Funeral, Fleshgod Apocalypse, Ex Deo, Kami No Ikari Backstage Werk München 17.01.2025
Der Start in das noch junge Konzertjahr 2025 kann sich sehen (und hören) lassen. Dark Funeral versprechen dem Teufel Einlass in diverse Konzerthäuser (‘Let the Devil In‘ Tour 2025) und mit Italiens Symphonic Extrem Metal-Dramatikern Fleshgod Apocalypse, den kanadischen Rom-Verehrern Ex Deo, sowie Frankreichs Deathcore-Neulingen Kami No Ikari haben die Schweden ein ansprechendes Extrem Metal-Paket geschnürt. Aus der Hallenanlage tönen u.a. Lorna Shore, was den Sound von Kami No Ikari zumindest in Teilen vorweg nimmt. Die Vorfreude auf eine Deathcore-Peitsche wird aber zunächst vom semi-optimalen Hallensound getrübt. Denn die Höhen der Gitarren sind praktisch nicht vorhanden und auch die marginalen symphonischen Einspieler verschwinden komplett im drückenden Sound. Die, dem Deathcore zugeneigten, Besucher sind an diesem Abend wohl in der Unterzahl, denn die Halle ist überschaubar voll. Das hindert die Franzosen aber nicht daran eine energische Show abzuziehen, wobei der etwas eigenwillige Charakter des Sängers, sowohl in puncto Stimme, als auch in Sachen Bewegung durchaus Spaß macht. Nach einer halben Stunde ist die Sause aber auch schon wieder um. Die Rom-Verehrer Ex Deo treten im Anschluss einheitlich in entsprechender Rüstung auf und spielen sich durch ein stimmiges Set voller dramatischer Death Metal-Groover. Die orchestralen Sounds kommen zwar allesamt aus der Konserve, werten die Songs aber stimmungsvoll auf und sorgen für die passende Portion Pathos. Frontmann Maurizio mimt dabei den Römerkaiser und brüllt seine Botschaften mit Inbrunst ins Publikum. Sehr schön anzusehen ist auch die Show der Musiker, die allesamt mit stolzer Miene Posen und sich technisch einwandfrei durch die druckvollen Songs zocken. Mit „Imperator“ steigt die Band stampfend in ihr Set ein, ehe „Cato Major: Carthago Delenda Est!“ das Gaspedal weiter durchdrückt und damit immer wieder an die quasi Bruderband Kataklysm (bis auf Bassist Dano Apekian ist das Line-Up beider Bands identisch) erinnert. Bei sehr gutem Sound und stimmungsvoller Lightshow marschieren Ex Deo bis zum dramatisch-druckvollen Final-Duo „I, Caligvla“ und „Romulus“ zielgerichtet voran und können sich am Ende über reichlich Applaus freuen. Sehr stark! Die klassische Umbaumusik lässt den musikalischen Pfad von Fleshgod Apocalypse bereits erahnen und auch die Bühnenoptik (Kerzenständer, Schädel) strahlt eine Barock-hafte Atmosphäre aus, die von dem präsent platzierten Konzertflügel untermauert wird. Nachdem Sängerin Veronica Bordacchin die Show mit monströser Italien-Flagge und der dramatischen „Ode To Art (de‘ Sepolcri)“ eröffnet, verschmelzen die Grenzen des Extremen in sämtlichen Gegensätzen immer mehr. „I Can Never Die“ bietet stürmisches Drama bei bestem Hallensound und die theaterhafte Inszenierung der Show gewinnt zunehmend an Reiz. Vor allem auch, weil sich der Keyboarder und der Schlagwerker als Einheizer hervortun und die Fans (in den Momenten, in denen sie nichts zu tun haben) ordentlich anfeuern. Stücke wie „Sugar“ reißen von der ersten Sekunde an mit und begeistern als vertrackte und detailverliebte Extrem Metal-Hymnen. Dass das hysterische Drama „The Fool“ gar die einzige Wall Of Death des Abends nach sich zieht, steht exemplarisch für die Intensität dieses monströsen Gigs. Einziges Manko hier: Das Merchandise Sortiment der Italiener verzichtet komplett auf CD’s, sodass Fleshgod Apocalypse an diesem Abend wohl doch ein paar Euro durch die Lappen gehen. Pentagramme aus Stahl und ebensolche Petruskreuze, die den Drumraiser zieren, erzeugen im Vorfeld der Dark Funeral-Show eine interessante Stimmung zwischen authentischer Misanthropie und überzogener Selbstinszenierung. Das beginnt bei der eröffnenden Illuminierung jedes einzelnen Musikers im Lichtkegel, endet aber nicht zwingend beim vampirhaften Umhang, den Frontmann Heljarmadr zum Einstiegsdoppel „Nosferatu“/„Atrum Regina“ zur Schau trägt. Bewegungsfreude scheint auch eher an zweiter Stelle des Konzerts zu stehen, denn die Musiker verhaften stoisch auf ihren Plätzen, während sie rasantes wie „As One We Shall Conquer“ oder „The Arrival Of Satan’s Empire“ zum Besten geben. In den sparsamen Ansagen klingt zu jeder Zeit die misanthropische Einstellung der Band durch, die sich thematisch durch sämtliche Songs zieht. Sehr schön anzusehen ist auch die zunehmende Spielfreude von Chaq Mol (Gitarre) und Adra-Melek (Bass), die sich mitunter gegenseitig in die Saiten greifen. Dass Dark Funeral heute ein gut gemischtes Set aus nahezu allen Phasen ihres Schaffens präsentieren, lässt die musikalische Mischung umso stimmiger geraten, wofür auch diverse Intros wie Kettenrasseln und andere Horrorsounds zwischen den Songs mitverantwortlich sind. Mit „My Dark Desires“ präsentieren die Schweden einen ihre größten Hits erst weit hinten im Set, das mit „Let the Devil In“ und „Where Shadows Forever Reign“ zwei der stärksten Songs, der jüngeren Schaffensphase der Band zum Abschluss des Abends präsentiert. Daher bleiben die Mankos des Abends, neben dem viel zu frühen Abschluss um kurz vor 23 Uhr, der in Teilen marginal gute Sound und der teilweise Verzicht auf angemessenes Merchandise, bzw. die völlig überzogenen Preise desselben (dreißig bis fünfunddreißig Euro für ein T-Shirt). Die musikalische Qualität wird dadurch aber nicht beeinträchtigt.
2. The Night Flight Orchestra, Metalite Backstage Halle München 15.02.2025
The Night Flight Orchestra schenken auch München den Mond und gastieren im Rahmen ihrer „Moon Over Europe Tour 2025“ in der Backstage Halle. Bevor aber das Nachtflugorchester abhebt, dürfen ihre Landsmänner von Metalite ran um der ausverkauften Hütte einzuheizen. Zwei Plastikpalmen an den Seiten der Bühne versprechen zumindest optisches Tropen-Feeling, das auch gut zum knackigen Power Metal der Band passt. Sängerin Erica Ohlsson ist gut bei Stimme und die Band scheint exzellent aufeinander eingespielt zu sein. Da kann auch das viel zu laute Schlagzeug den Spaß an der Freude nicht verderben, wenngleich es doch eine Menge der (vorhandenen) Melodien und Harmonien der Songs verschluckt. Das hindert die Musiker aber nicht daran vollen Einsatz zu zeigen und eine engagierte Show abzuliefern. Dass sich der eine oder andere Fan bereits im Publikum befindet, ist auch nicht allzu unwahrscheinlich, denn im vorderen Teil der Halle wird fleißig mitgemacht, was der allgemeinen Stimmung durchaus zuträglich ist. Als nach exakt vierzig Minuten Spielzeit Schicht im Schacht ist, weint aber auch niemand der Anwesenden der Band nach. Denn The Night Flight Orchestra kündigen eine AOR-Wohlfühlatmosphäre an, die nicht nur von den blinkenden Palmen an den Bühnenseiten ausgeht, sondern vom ersten Ton an auch musikalisch im Backstage ausgebreitet wird. Stilecht in weißen Sakkos und Pilotenjacken feuern Björn Strid und Co. einen Hit nach dem anderen in die Halle und es herrscht ausgelassene Tanz- und Partystimmung. Nach dem obligatorischen „Final Boarding Call“ steigt die Band mit „Stratus“ energisch und aktuell in ihr Set ein, ehe „California Morning“ Hollywood-Flair auf die Bühne bringt. Dass die Stimmung das komplette Konzert über ausgelassen und sichtlich von Liebe erfüllt ist (mehrere küssende Paare, haufenweise Umarmungen), untermauert den lebensbejahenden Vibe, welcher der Musik von jeher innewohnt. „Divinyls“ lässt ein jedes Tanzbein in der Halle zucken und „Domino“ setzt ebenda an, ehe „Gemini“ die Stimmung vollends hochkochen lässt. Auch die humorvollen Ansagen von „Björn „Speed“ Strid wirken stets spontan und herzlich, etwa wenn er die Piloten-Romanze „Paloma“ mit einer mutmaßlichen Liebelei eines Pilotenfreundes von sich ankündigt, oder wenn er die eine oder andere kurze metallische Instrumental-Jam seiner Mitmusiker mit süffisanten Ansagen quittiert („We’re not at a fucking Slayer-Concert“ vor „Transatlantic Blues“). Dass ausgerechnet der Tanz-Hit „Burn for me“ den ersten Schlusspunkt setzt, lässt die Fans noch ein Stück ausgelassener agieren, während sich alle Stimmen auf der Bühne (Björn und seine Background-Stewardessen) nicht den Hauch einer Blöße geben und konsequent gute Laune verbreiten. Dass der Zugabeblock mit dem Über-Hit „White Jeans“ eingeleitet wird, sorgt natürlich für begeisterte Fanreaktionen und es verwundert kaum, dass die Betriebstemperatur in der Halle nahe am Siedepunkt steht. „Way to spend the Night“ wird, entsprechend seines nostalgischen Party-Potenzials, also kurzerhand zum Abendmotto erklärt und zum endgültig letzten Song „West Ruth Ave“ fordert Kapitän Strid die Fans zum obligatorischen ‘Konga-Train‘ auf, der den kompletten Song über durch die Halle wandert und kontinuierlich anwächst. Die strahlenden Gesichter auf und vor der Bühne verwundern angesichts dieses Klasse-Gigs keineswegs.
3. Dark Easter Metal Meeting Backstage Werk München 19.04.2025 & 20.04.2025
Premierenveranstaltung für den Autor dieser Zeilen. Denn obwohl das Dark Easter Metal Meeting im Münchner Backstage, mehr oder weniger, vor der Haustür liegt wird Ostern erst 2025 verdunkelt. Dafür aber richtig.
19.04.2025
Desaster Backstage Werk
Da sich Sonnenlicht und Black Metal erfahrungsgemäß kaum vertragen, ist es ein Vorteil, dass das DEMM ein Indoor-Festival ist. Denn dadurch können sympathische Knüppelkommandos wie Desaster auch schon um halb drei Nachmittags ran. Für ein Szene-Instanz wie die Koblenzer ist die Spielzeit natürlich trotzdem reichlich früh. Aber Frontmann Sataniac und Co. sind gut gelaunt und können den Anwesenden sogar ein paar „hey“-Sprechchöre entlocken. Hinzu kommt, dass die Ansagen zwischen den Songs knapp und launig ausfallen („Wir als Nachwuchsband müssen heute ein wenig früher aufhören…“), sodass sich auch das Dauergrinsen der Musiker zügig auf den ein- oder anderen Zuschauer überträgt. Musikalisch gibt’s eh nix zu meckern, denn mit Stücken wie dem Opener „Satan’s Soldiers Syndicate“, dem dreckigen „Learn To Love The Void“, oder „Necropolis Karthago“ hat die Band reichlich Klasse-Songs in der Hinterhand. Da darf dann auch das Finale „Metalized Blood“ als Tages- bzw. Bandmotto verstanden werden, denn Desaster sind einmal mehr mit Leib und Seele bei der Sache. Schöner Einstieg in das Festival!
Empyrium Backstage Werk
Empyrium sorgen zu nachmittäglicher Stunde für eine Portion romantisches Geisterfeeling im Backstage Werk. Flankiert von zwei flackernden Kerzenleuchtern an der Frontseite der Bühne gibt die Band ihre düsteren Geschichten zum Besten, bei denen die mitgereiste Live-Geigerin mit ihrem bittersüßen Spiel für Momente der Ergriffenheit und Melancholie sorgt. Dass sich die Band heute ausschließlich auf ihr Frühwerk „Songs of Moors and Misty Fields“ bzw. ihr Demo „…Der wie ein Blitz vom Himmel fiel…“ konzentriert, dürfte allenthalben Kennern des Materials auffallen. Wobei auch der eher unbedarfte Besucher wundervoll in der düster-romantischen Stimmung der Musik baden kann. Entsprechend der Musik, scheinen auch die Musiker wie in einer Art Trance zu agieren, was die aufkeimende Ergriffenheit im Publikum natürlich verstärkt. Da lässt es sich auch verschmerzen, dass der Sound zu Beginn des Sets sehr leise ist, wodurch der doch recht dominante Bass die Melodien und atmosphärischen Feinheiten erstmal ein wenig übertönt. Highlight des Sets bildet dann auch das melancholisch-ergreifende „My Nocturnal Queen“, das Empyriums poetischen Pathos bestens einfängt und zwischen Trauerweidenromantik und vampirhaftem, völlig kitschfreiem Gothic-Charme stimmungsvoll dargeboten wird.
Tsjuder Backstage Werk
Tsjuder haben sich zu Ostern etwas Besonderes überlegt und spielen, zusätzlich zu ihrem regulären Set, ein spezielles Bathory Set, bei dem Ex-Bathory Bassist Frederick Melander zum Tieftöner greift. Da die Norweger dabei aber nur das frühe Schaffen von Quorton berücksichtigen ist der Unterschied zwischen den eigenen Songs und denen des schwedischen Genre-Vorreiters eher marginal. Denn wie der Sound von Tsjuder selbst, fällt die Frühphase von Bathory eher in die derbe Haudrauf-Black Metal-Schiene, als die späteren Vikinger-Epen zu beinhalten. Der Zuspruch ist allerdings enorm, denn das Backstage Werk ist ziemlich voll und die Anwesenden werden mit einem knackigen Sound belohnt. Dass demjenigen, der die Songs nicht aus dem effeff kennt, die einzelnen Titel bei der Live-Darbietung wohl kaum direkt einfallen, oder der unbedarfte Zuschauer gar in der Lage ist einzelne Songs diverser Bandphasen auseinanderzuhalten, ist zu verschmerzen. Denn das Konzert lebt in erster Linie von seiner aggressiven Energie, anstatt musikalische Feingeistigkeit zu offerieren. Die fünfzig Minuten Spielzeit sind dementsprechend nicht zu knapp bemessen, sodass Tsjuder mit kurzweiliger Garstigkeit zu gefallen wissen, wenngleich am Ende kaum wirklich etwas von dem Gig hängen bleibt.
Gaahl’s Wyrd Backstage Werk
Dass Gaahl’s Wyrd heute lediglich vier eigene Stücke spielen und mit sechs Songs in Gaahls Vergangenheit kramen (u.a. werden Gorgoroth und Trelldom Stücke präsentiert), mag in der Retrospektive eine durchwachsene Angelegenheit sein. Allerdings zeigt dieser Umstand eben auch, dass Gaahl all seine Schaffensphasen ehrt und mit sich selbst und seiner Kunst im Reinen ist. Mit „Ghosts Invited“ stellt der Norweger aber seine künstlerische Integrität bereits im Opener in den Vordergrund, denn dieser fast psychedelische Musiktrip ist weit mehr als Black Metal und zeigt auch die stimmliche Vielfalt des Sängers, der von seinen Gift und Galle-Screams bis hin zu dunklem Klargesang sämtliche Register zieht. Dabei entwickelt speziell die finstere, unberechenbare Aura des Sängers den Eindruck hier eine Art Black Metal-Schamane bei seinem Ritual zu Gesicht zu bekommen. Das Gorgoroth Cover „Carving a Giant“ sorgt dann für erste wirklich euphorische Reaktionen im Publikum, das augenscheinlich eine Menge Gorgoroth-Fans beherbergt. Zwischendurch scheint das Konzert aber wirklich mehr von Gaahls wahnsinnigem Ausdruck zu leben, als von zwingender Musikalität, denn bis auf „Carving the Voices“ (geniale Soundhypnose) und das psychopathische Trelldom-Cover „Høyt opp i dypet“, bleibt vor dem Finale des Sets nicht allzu viel hängen und der Fokus liegt eher auf Gaahl’s optischer Präsenz. Besagtes Finale hat mit dem God Seed Cover „Alt Liv“ (psychedelischer Midtempo-Schleifer zwischen ungreifbarer Gruselatmosphäre und stampfenden Black Metal-Psychedelica) und dem genialen Aggro-Geballer „Prosperity and Beauty“ (Gorgoroth Cover) aber zwei mitreißende Finster-Hits zu bieten, von denen vor allem letzterer enthusiastisch abgefeiert wird.
Belphegor Backstage Werk
Mit fünf Minuten Verzugszeit (während denen das anfangs atmosphärische Intro langsam den Anschein von Monotonie erweckt) starten Belphegor in ihr Set. Und auch heute machen Helmuth und Co. ihrem Image alle Ehre. Die Bühne wird von zwei Petruskreuzen, diversen Skeletten und zwei zeremoniellen Feuerschalen flankiert, womit die deibelige Stimmung optisch schon mal markig in Szene gesetzt wird. Das Instrumentalfeuerwerk „The Procession“ gefällt als brachialer Einstieg, der bereits die herrlich fies sägenden Gitarren erkennen lässt, ehe „Baphomet“ und „The Devil’s Son“ den Höllenreigen brachial und mit reichlich Druck vollends eröffnen. Dass Bassist Serpenth nach wie vor eine Auszeit vom Live-Geschäft macht, fällt heute musikalisch nicht ins Gewicht, denn seine Vertretung erledigt ihren Job tadellos und so klingen Brecher wie „Lucifer Incestus“ oder das Black Metal-Gewitter „Totentanz – Dance Macabre“ druckvoll und stimmig differenziert in Sachen Sound (der Mischer weiß was er da macht). Das ist insofern eine positive Entwicklung, als dass am Anfang des Sets mache Gitarren-Feinheit im massiv drückenden Groove-Geballer untergeht. Außerdem fällt heute auf, dass vor allem die verschleppt melodischen Momente von Stücken wie „Virtus Asinaria – Prayer“ eine mitreißende Kraft entwickeln, was auch die melodische Walzennummer „Der Lichtbringer“ untermauert. Am Ende dreht „Gasmask Terror“ nochmal voll auf und Belphegor feuern aus allen Rohren. Somit sind die Österreicher ein würdiger und mitreißender Festival-Headliner, was, gemessen am Applaus, auch ein Großteil der Besucher so sieht.
Moonsorrow Backstage Werk
Moonsorrow stehen nicht erst seit gestern für finsteren Pagan Metal der Extraklasse. Und für solchen bedarf es bekanntlich nicht immer einer großen Show, sondern die Musik muss stimmen. Gemessen daran, dass das Backstage Werk sehr gut gefüllt ist, wissen die Fans den Co-Headliner des Abends auf jeden Fall zu würdigen. Dass manch folkige Melodie aus der Konserve zu kommen scheint, vermindert den Konzertgenuss kaum, denn die Finnen haben eine Menge starkes Material zu bieten. Das beginnt bereits beim Opener „Kylän päässä“ der schmissige Melodien und heroische Atmosphäre ebenso bietet, wie stürmische Musikbarbarei. „Suden Tunti“ kehrt im Anschluss die Black Metal Wurzeln der Band deutlicher nach außen und zu dem stampfenden Charakter des Songs recken die Fans zahlreich ihre Fäuste in ekstatischer Kampfespose in die Luft. Das eine oder andere langgezogene Intro (z.B. vor dem traurigen Heldenepos „Haaska“) verstärkt die knisternde Spannung und im Folgenden reagieren die Fans ausgelassen auf die Pagan Metal-Heroik, die hier und da ein stolzes, erhabenes Element mitbringt. Das Rotting Christ Cover „Non Serviam“ ist heute kaum als solches zu erkennen und fügt sich nahtlos in die heroische Pagan Metal-Sause ein. Dass sich das Stück außerdem bestens für kollektive Chorgesänge eignet, sorgt natürlich für Stimmung. Die Lichtshow ist darüber hinaus sehr gut abgestimmt und so verwundert es nicht, dass die Fans u.a. zum finalen Epik-Angriff „Sankaritarina“ (dreizehn Minuten Black Metal/Pagan Metal-Magie) ins kollektive Schwärmen, vielleicht sogar ein Stück weit in träumerische Trance geraten. Für eine Black Metal/Pagan Metal Band, die frei von überkünsteltem Kitsch agiert, kann das nur ein Ritterschlag sein.
Spectral Wound Backstage Halle
Für die nötige Portion Punk im Black Metal sind heute Spectral Wound zuständig. Und die Fans scheinen gierig zu sein, denn in der Halle wird es richtig voll. Nachdem eine einsame Pianomelodie zu Sturmgeheul, die sprichwörtliche Ruhe vor besagtem Naturkrach suggeriert legen die Kanadier die Backstage Halle sprichwörtlich in Schutt und Asche. Der Sound ist eine Wucht und die punkigen Eskalationen des Sängers (der sich in seiner Lederjacke wohl selbst zu kochen versucht) unterstreichen den ursprünglichen Gedanken von Wildheit und Zügellosigkeit im Black Metal. Mit Stücken wie „Frigid and Spellbound“, oder auch dem Black n‘ Roll-Verschnitt „Fevers & Suffering“ feuert die Band einen Kracher nach dem anderen von der Bühne, was die Fans mit ekstatischer Freude honorieren. Die Energie der Musik, die trotz der Lautstärke angenehm differenziert aus den Boxen schallt, steigert sich ab der ersten Sekunde zu einem rauschhaften Konzerterlebnis, bei dem es auch kaum stört, wenn einem ein Hüne die Sicht auf die Bühne versperrt, denn diese Musik geht heute durch Mark und Bein! Hammermäßig!
Saor Backstage Halle
Dass Saor heute lediglich vier Songs zum Besten geben, fällt insofern kaum ins Gewicht, als dass der verträumt epische Black Metal der Engländer von vorneherein eher zum träumen und dahinschwelgen einlädt, als allzu offensiv ein Soundgewitter zu beschwören. Mit Flöte und Drehleier im Gepäck spinnt die Band, zumindest in Teilen, das schamanische Element der zuvor aufgetretenen Gaahl’s Wyrd weiter. Allerdings setzen die Engländer allem voran auf Atmosphäre und spürbare Naturverbundenheit, denn auf etwaige Zwielichtigkeiten in Sachen Aura. Dabei eignet sich das Konzert sehr gut um sich in den Klängen zu verlieren und das, obwohl sich Härte und Epik hier zu großen Teilen die Waage halten. Sowohl die harschen Gesänge, als auch mancher Klargesang wirkt in vollem Umfang und der Sound ist eine Wucht, sodass sich die klanglichen Feinheiten der Flöten bzw. der eingespielten Klavierintermezzi sehr gut mit den schroffen Rifflandschaften ergänzen. Gleiches gilt für die Gesänge. Denn das schroffe Geschrei des Sängers hat viel Kraft und klingt treffsicher, während sich der betörende Damengesang ebenso filigran wie klar präsentiert. Dass die Show also gut ankommt und entsprechend honoriert wird, ist gerechtfertigt.
Kohlrabenschwarz Backstage Club
Kohlrabenschwarz schüren im Vorfeld (bzw. seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Im finstren Tal“ 2024) eine gewisse Erwartungshaltung bei Fans von poetisch ausgelegtem Black Metal aus den deutschen Landen. Ging die Band doch aus Teilen der Szenelegende Lunar Aurora hervor. Umso schöner ist es an diesem Samstag, dass die Band diese Erwartungen zum großen Teil erfüllt. Zwar kommt die dramatische Black Metal-Poesie der Herren heute komplett ohne Showelemente aus, aber der Frontmann hat ein interessantes Gespür für dramatische Gesten und inszeniert die Songs auch in Alltagskleidung auf eine eigene Art mystisch. Dass heute das Debütalbum in voller Länge gespielt wird (wenn auch in leicht abgewandelter Songreihenfolge) mag vielleicht dem Mangel an anderem eigenen Material liegen. Den Fans missfällt das aber keineswegs und der bisher unbedarfte Besucher darf sich ohnehin über gute vierzig Minuten leicht depressiver Black Metal-Dichtkunst freuen, bei der besonders die aggressiv eklektische Darbietung des Frontmanns nachhallt. Spannende Sache.
Hangover in Minsk Backstage Club
Hangover in Minsk erwecken aufgrund ihres Outfits in weißen Krankenhauskitteln und der depressiven Ausrichtung ihrer Musik den Eindruck Lifelover-Enthusiasten zu sein. Die Bezüge zu den Pionieren der lebensverneinenden Dunkelmusik sind zumindest nicht von der Hand zu weisen. Aber die Polen beweisen nach ihrem akustischen Intro, dass sie durchaus auch aus eigener Kraft leiden können. Sängerin Nokt Aeon hat zwar anfangs mit einem zu leisen Mikrofon zu kämpfen, aber das Problem wird schnell behoben und im weiteren Verlauf des Konzerts leidet sich die Dame depressiv und mitreißend durch das Set. Dabei überzeugt die Fronterin nicht nur mit krankhaften Schreien, sondern auch mit kristallklaren Höhen, die der pathetisch-schmerzlichen Musik nochmal mehr Dramatik verleihen. Die übrigen Musiker geben sich eher zurückhaltend und fokussieren sich auf ihr Spiel, wobei speziell die wehmütigen Gitarrenmelodien durchaus unter die Haut gehen. Zwischendurch sorgt die eine oder andere zu lange Pause zwar für minimalen Stimmungsabfall, aber dafür wirkt die lebensverneinende Darbietung der Band (bzw. der Sängerin, die sich auch mal scheinbar schmerzverzerrt am Bühnenboden räkelt, oder ihren Gastsänger (Gui von Motherwood), der zum Ende des Sets hinzu kommt scheinbar voller Liebe stranguliert) gut inszeniert, aber doch spontan genug um nicht allzu theaterhaft zu erscheinen. Theatralik wird trotzdem groß geschrieben, ohne allerdings die herrlich depressiv und melodie-affinen Black Metal-Stücke zu verwässern. Am Ende wirkt die Band sichtlich ausgelaugt, verabschiedet sich aber zufrieden von den Fans, die den Gig angemessen honorieren. Somit ist dieses Live-Debüt geglückt!
Lamp of Murmuur Backstage Club
Mit schwarzen Tüchern bedeckte Gesichter sind wahrlich nichts Neues im Black Metal Kontext und auch der Sänger von Lamp of Murmuur, der in Robe und Kapuze aufläuft, erfindet das optische Rad nicht neu. Allerdings gewinnen die Songs der Amis zunehmend an Reiz und speziell die schnelleren Anteile der depressiv erscheinenden Musik wissen zu überzeugen. Neben manch Klassik-affinem Intro, das die mystisch-nebelige Atmosphäre der Musik gut unterstützt gefallen die Songs auch durch eine fast klassisch rockende Grundausrichtung, die sich immer wieder aus dem Black Metal-Glanz herausschält. Wirklich mitreißend wird es, wenn das Tempo angezogen wird und zugleich marginale Post-Punk-Einflüsse ihren Weg in die Songs finden. Denn dann wirken die melodischen Gitarren noch eindringlicher, wodurch auch die Musik als solche die Show der Band aussticht, wenngleich die Optik gut gemacht ist. Geiles Konzert!
20.04.2025
Dool Backstage Werk
Dool eröffnen den zweiten Festivaltag mit einem Wahnsinnskonzert! Zum einen ist der Sound im Backstage Werk subtil und druckvoll zugleich, was bei dem warm-filigranen Sound der Niederländer vielleicht gar nicht so einfach hinzubekommen ist. Auch sehr schön ist, dass jedes der sieben gespielten Stücke eine eigene Lichtstimmung bekommt. Dass Raven van Dorst zudem in erster Linie die Musik sprechen lässt und sich mit Ansagen zurückhält, ist dem Genuss der Show natürlich zuträglich. Aber wer weniger spricht kann ausdrucksstärker tanzen, denn Raven zuckt und windet sich zu den Rhythmen der Songs als gäbe es kein morgen, was sie nur noch stärker ins Zentrum des Geschehens rückt. Dass die übrigen Mitmusiker aber ebenso einen super Job abliefern macht den Reiz des Konzerts auch teilweise aus. Denn so gelingt es der Band, die ohnehin nur starke Songs in der Hinterhand hat, bei einem balladesken Stück wie „House of a thousand Dreams“ das Backstage in kollektive Ekstase zu spielen. Mit „The Shape of Fluidity“ gehen Dool vom ersten Ton an in die Vollen und Raven mimt sowohl die Rampensau, als auch in den richtigen Momenten mit Zurückhaltung und fast zerbrechlicher Intimität zu glänzen. Was Stücke wie das ergreifende „Hermagorgon“, oder den flippigen Abschluss „Oweynagat“ umso mitreißender macht. Grandios!
Lucifer’s Child Backstage Werk
Die Griechen Lucifer’s Child punkten zunächst mit einer stimmungsvollen, aber nicht übertriebenen Inszenierung, die allerlei Räucherwerk, ein riesiges Banner und die obligatorische, aber stets eindrucksvolle Licht- und Nebelmischung bietet. Dass die Songs ab dem verschleppten Opener „Black Heart“ schmissig und bei besten Sound dargeboten werden, lässt das Konzert zügig zu einem unerwarteten Highlight avancieren. Der Andrang ist entsprechend groß und das Werk wird ordentlich voll. In Sachen Bühnenpräsenz hat der Frontmann ebenso seine Hausaufgaben gemacht, wie die gesamte Erscheinung der Band, auch ohne Schminke oder Kostümierung, einiges hermacht. Vielleicht liegt das an den heroisch klingenden Kompositionen, die in Kombination mit der hünenhaften Erscheinung und den durchweg heroische Refrains eine positiv aufgeheizte Stimmung ins Backstage Werk zaubert? Oder liegt es daran, dass die Songs allesamt mit reichlich Druck, aber doch differenziert aus den Boxen pumpen? So oder so, Lucifer’s Child spielen heute einen mitreißenden Gig, den sie mit dem fett groovenden Schleifer „The Order“ gleichsam mystisch wie markant beenden und dank dem die Band sicherlich den einen oder anderen neuen Fan hinzugewonnen haben dürfte.
Witchery Backstage Werk
Mal davon abgesehen, dass das Mikrofon von Frontmann Angus Norder zum Einstieg „Witching Hour“ nicht so recht will, gefällt der Black/Thrash-Metal Verschnitt der Schweden durchaus und das Backstage Werk ist zunächst auch gut gefüllt. Dass mit „Nosferatu“ aber erst der dritte Song richtig zündet, ist bezeichnend für diesen Gig. Denn Witchery gelingt es heute leider nicht in vollem Umfang die Fans mitzureißen und das obwohl mit dem schleppenden „True North“ oder dem dreckigen Thrasher „Witchkrieg“ durchaus die eine oder andere Perle in dem Set der Schweden zu finden ist. Dass die Band heute erst ihren vierten Gig seit 2022 absolviert, merkt man den Musikern nicht an, denn die Herren agieren als eingespieltes Team und haben einen dankbaren Sound erwischt, der die Songs mit reichlich Druck und Schärfe von der Bühne jagt. Dass allerdings bis auf das räudige Finale „The Reaper“ am Ende eher wenig von der musikalischen Darbietung hängen bleiben will, liegt kaum an der Motivation der Band, als vielmehr daran, dass der sprichwörtliche Funke heute nicht so recht überspringen will. Woran das liegt weiß der Geier, der Teufel oder sonst wer. Ein optisches Schmankerl gibt’s aber doch, denn der Sakko-zu-Black Metal-Schminke Aufzug des Frontmanns ist doch leicht skurril und witzig zugleich anzusehen.
Aura Noir Backstage Werk
Nachdem es bei den ähnlich gelagerten Witchery noch nicht so recht funken wollte, ist es nun an der ‘ugliest band in the world‘, wie Frontmann Apollyon Aura Noir zu Beginn der Show vorstellt, die Fans mit thrashigem Black n‘ Roll zu beglücken. Dass der Frontschreier dabei hin und wieder den Eindruck eines leicht schnodderigen, tendenziell verpeilten Wilden erweckt, der zwischendurch auch mal vergisst wie sein Konzertzeitplan aussieht („..I don’t know how much time we have left…“) macht die schnodderige Show der Norweger umso sympathischer. Irgendwo zwischen Rock n‘ Roll, Motörhead-Rotz und kumpelhafter Attitüde, prügeln sich die Herren durch ihr Set. Dass dabei der Spaßfaktor mit jedem Song ansteigt sehen offensichtlich viele der Anwesenden so, denn die Stimmung im Werk ist merklich ausgelassen (für ein Konzert, das im Kontext eines Black Metal-Festivals stattfindet) und die Fans quittieren die Energie, die von der Bühne kommt u.a. mit einem Circle-Pit. Dabei ziehen Aura Noir vor allem durch ihr sympathisches Auftreten und die entsprechenden Ansagen („We have been extremly productive lately – we made a song that came out six years ago“) immer mehr Fans auf ihre Seite. Aber auch der makellose Sound trägt dazu bei, dass Stücke wie „Gaping Grave Awaits“ oder „Belligerent ‚til Death“ heute gerne angenommen werden.
Gorgoroth Backstage Werk
Gorgoroth touren aktuell nicht mit Taake Giftstimme Hoest, sondern präsentieren ihren (formell offiziellen) Sänger Atterigner am Mikro. Dass dieser Umstand im Vorfeld mit keiner Silbe kommuniziert wurde, entpuppt sich ebenso als zweischneidige Angelegenheit wie der Gig selbst. Nun sind die Norweger alles andere als bekannt dafür sonderlich variabel zu musizieren, aber die aggressive Geschwindigkeitsorgie will heute kaum wirkliche Gänsehautstimmung aufkommen lassen. Klar, spielerisch ist das Ganze auf Hochniveau und die angereisten Fans feiern Stücke wie „Prayer“ oder „Destroyer“ ordentlich ab. Aber objektiv betrachtet gehen sämtliche Ansätze von musikalischer Feinheit in der Wucht der Soundwand unter. Die wenigen melodischen Anteile der Gitarren sind nur mit Müh und Not auszumachen und wirkliche Konzertmagie bleibt Mangelware. Nichtsdestotrotz darf sich die Band über gewaltigen Zuspruch freuen, denn das Werk ist brechend voll. Die überwiegend in Rottönen gehaltene Lightshow unterstreicht den teuflischen Ansatz von Musikmonotonie passend, wenn auch nicht wirklich ausdrucksstark. Allerdings passt diese Art von Sturheit, sowohl in Sachen Musik, als auch in Sachen optischer Gestaltung gut zum Image der Band. Dem Großteil der Anwesenden ist sämtliche Kritik aber egal, denn der Applaus fällt am Ende durchaus enthusiastisch aus.
Absu featuring Zemial Backstage Werk
Absu bzw. deren Chefdenker Proscriptor McGovern rekrutiert nach dem Rücktritt vom Rücktritt die Griechen von Zemial als Live-Band und verspricht ein spezielles Jubiläums-Set zur Feier des Albums „The Sun of Tiphareth“. Der hysterische Black-Thrash Metal, mit dem Absu in ihrer Originalbesetzung eine gewisse Größe in der Szene erreichen konnten, kann sich aus musikalischer Sicht auch heute hören lassen und der Bandkopf ist stimmlich auf der Höhe und trifft die keifenden Töne überwiegend gut. Dass die Musiker von Zemial alles andere als Stümper sind, zeigt sich daran, dass die rasanten Songs heute präzise und die mittelschnellen Grooves mit reichlich Druck vorgetragen werden. Über die Optik des Frontmanns in Spandexhose, Umhang und öliger Gesichtsschminke lässt sich aber vortrefflich streiten. Hinzu kommt, dass die gekeiften Ansagen ebenso klamaukisch wirken, wie die Darbietung des Frontmanns selbst, der sogar in einem scheinbaren Crab-Walk über die Bühne wackelt. Davon abgesehen, hat diese Inkarnation von Absu aber packende Musik zu bieten. Mit fünf von acht gespielten Stücken liegt der Fokus, dem Motto des Konzerts entsprechend, auf dem Album „The Sun of Tipareth“, wobei ausgerechnet das Finalstück „Never Blow Out The Eastern Candle“ zu einem der Highlights der Show avanciert (und das obwohl es auf dem besagten Klassiker-Album nicht enthalten ist).
Gràb Backstage Halle
Gràb scheinen nach ihren beiden bisherigen Alben eine immense Erwartungshaltung geschürt zu haben, denn die Backstage Halle ist gesteckt voll. Ab der Hälfte der Hall ist von der Bühne praktisch nichts mehr zu sehen, sodass sich ebenjene Besucher, die sich dort aufhalten, zunächst mit dem reinen Höreindruck von Sänger Grànt und seinen Mitmuskern machen müssen. Bei gutem, aber etwas zu lautem Sound beschränken sich die Bayern-Black Metaller heute beinahe komplett auf ihr Debüt „Zeitlang“ (lediglich der Abschluss „Vom Gråb im Moos“ stammt vom Nachfolger „Kremess“), was aus musikalischer Sicht aber kaum zu bemängeln ist. Selbiges gilt für die Einspieler der traditionellen Instrumente wie Zither, Hackbrett und Co., die allesamt aus der Konserve tönen, bei lautem Sound aber gut zur Geltung kommen und die borstige „Grantler-Stimmung“ der Songs gut unterstützen. Grundsätzlich fängt das Konzert die fatalistische Atmosphäre von Stücken wie „Zeitlang“, oder dem etwas stürmischerem „Nordwand“ auch sehr gut ein. Hier und da klingen im Klargesang von Frontmann Grànt zwar auch ein paar schiefe Töne durch, aber die fatalistische und in Teilen auch verschroben knorrige Atmosphäre, die beide bisherigen Alben auszeichnet spiegelt der heutige Gig doch ziemlich passend wider. Und dass auch ein grimmiger Bayern-Black Metaller ein Herz hat, beweist Frontmann Grànts einzige Ansage des Abends, der die Widmung „Der Song is füa di“ an einen ihm lieben Menschen kurz aber prägnant und im Black Metal-Kontext einprägsam gelassen ausspricht.
Dymna Lotva Backstage Halle
Mit blutverschmiertem Bleichgesicht und Galgen um den Hals trägt Dymna Lotva-Frontfrau Nokt ein weißes Nachthemd/Kleid zur Schau. Und der vom Mikrofonständer baumelnde, abgetrennte Flügel eines Vogels bietet einen gewissen Vorgeschmack auf das, was folgt. Wimmern, schreien und schluchzen bestimmen die Klangästhetik des ersten Stücks, das gewissermaßen auch die Richtung für das folgende Konzert vorgibt. Die Songs wissen vielfach durch repetitive Muster und meditativ erscheinende Rhythmen zu fesseln, wobei der Fixpunkt der Show eindeutig das Gebaren der Sängerin ist. Ihre leidvolle Darbietung schwankt zwischen hysterischem Kreischen, Schluchzen, betörendem Klargesang und scheu erscheinendem Flüstern, wodurch die Show immer mehr den Eindruck gelebter Katharsis erweckt. Die übrigen Mitmusiker liefern dafür den perfekten Grundstein und präsentieren depressiv-melancholischen Black Metal, der von hypnotischen Riffmustern lebt, wodurch die Darbietung der Sängerin den passenden musikalischen Rahmen verpasst bekommt. Dass der Sound zunehmend mehr mitreißt und sich die Halle immer mehr füllt, spricht für die Band und ihre Show. Einziger Wermutstropfen ist die abschließende Ansage, in der die Sängerin den Wert von Freiheit in direktem Zusammenhang mit einem letzten „Slava Ukraini“ betont. Das stellt den künstlerischen Wert der Musik leider in einen fragwürdigen, politischen Kontext. Schade drum.
Saturnus Backstage Halle
Nachdem Gorgoroth zuvor ein höllisches Geschwindigkeitsinferno entfacht haben, setzen die Dänen Saturnus auf den Eindruck von Regen und Matsch um ihren Death-Doom angemessen wirken zu lassen. Zum Glück bleibt die Halle trocken, denn die Geräusche von fallendem Regen bleiben rein akustisch, aber die Thematik von Dunkelheit, die ja auch irgendwie dem Meer innewohnt zieht sich durch das komplette Set. Der Sound ist gut und die tiefen Growls sind ebenso verständlich wie die klaren Sprech-Sequenzen oder mancher zarter Damengesang. Die überwiegend in Blautönen gehaltene Lightshow stellt ebenfalls einige Bezüge zum Meer her und unterstreicht die einkehrende Melancholie passend. Zwischendurch glänzt der Frontmann durch sympathische Ansagen und freundliches Auftreten (u.a. als er das Finale „Praying Christ Goodbye“ als den perfekten Soundtrack für Ostern ankündigt). Zuvor bringt es die Band aber fertig mit jedem neuen Song mehr und mehr Träumer-Atmosphäre in die Halle zu zaubern und das vielleicht aufkeimende Festival-Heckmeck völlig zu entschleunigen. Dafür und wegen der sympathischen Art, die immer wieder kurz aus der eklektischen Death Metal-Hypnose aufweckt darf die band am Ende reichlich Applaus für sich verbuchen. Schönes Konzert!
Infestus Backstage Club
Nach der Black Thrash Sause von Witchery im Backstage Werk eignet sich der der getragene Black Metal Pathos von Infestus bestens um das Blut wieder ein wenig abzukühlen. Die spartanische Ausleuchtung lenkt den Fokus verstärkt auf die Musik, die auch durch die Alltagskleidung der Musiker im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Ohne großes Brimborium spielen sich Infestus durch ein stimmungsvolles Set voller Leid, Schönheit und der Freude an beidem. Das einzige Manko dabei bildet das akustische Zwischenspiel in der Mitte der Setlist, denn es erweckt den Eindruck einer erzwungenen Pause, die letztendlich effektlos verpufft. Dass Ansagen oder ähnliche Interaktion mit dem Publikum keine Notwendigkeit zu sein scheinen passt zur verträumten Melancholie der Setlist, die mit „Spiegel der Seele“ einen introspektiven Abschluss verpasst bekommt, bei dem die melodischen Gitarren den überwiegenden Reiz der Musik ausmachen. Gut!
Udåd Backstage Club
Die Norweger Udåd spielen heute ihr zweites Konzert generell und ihre erste Deutschlandshow. Da dem ursprünglichen Ein-Mann-Projekt lediglich das gleichnamige Debütalbum zur Live-Aufführung zur Verfügung steht, wird selbiges heute in voller Länge und Originalreihenfolge gespielt. Das Problem dabei ist, dass die Snare viel zu laut scheppert und so der erzählerisch-depressiven Atmosphäre der Musik ein Stück weit den Garaus macht. Zwar verpufft die herbstliche Atmosphäre der Musik nicht komplett, aber hier und da ist der Band eine gewisse Nervosität anzusehen, was sich u.a. in etwas zu langen Pausen zwischen den Songs äußert. Nichtsdestotrotz sind die Stücke als solche gut gemacht und werden auch von der stimmungsvollen Lichtshow passend in Szene gesetzt. Dadurch rücken die Musiker als Akteure stets ein wenig in den Hintergrund, was der allgemeinen Stimmung aber nicht schadet. Denn dadurch lässt es sich mit der Zeit immer angenehmer in den leicht anachronistisch anmutenden und dunkelschönen Stücken baden.
Festival-Nachtrag:
Als allgemeines Manko ist dem Festival aber die Öffnungszeit des Merchandise-Bereichs im Backstage Werk anzukreiden. Denn die Verkaufsstände sind an beiden Tagen bereits vor Spielbeginn der jeweiligen Headliner/Co-Headliner geschlossen. Wie sollen Neu-Fans oder Kurzentschlossene so ihre sauer verdienten Kröten für kostbares Merch ausgeben? Damit geht den Bands sicherlich der eine oder andere Euro durch die Lappen.
4. Caliban, In Hearts Wake, Cabal, Assemble The Chariots Backstage Werk München 13.05.2025
Nachdem Caliban ursprünglich Teil der (final abgesagten) As I Lay Dying-Tournee im November letzten Jahres sein sollten, ist es durchaus eine organisatorische Leistung, dass die Band ein halbes Jahr später als Headliner durch die Hallen Deutschlands zieht. Die Erwartungen der Fans sind, dank des zwischenzeitlich erschienen Albums „Back From Hell“ sicher nicht gering. Bevor Andy Dörner und Co. aber loslegen, dürfen die finnischen Symphonic-Deathcore Neulinge von Assemble the Chariots ran. Dass es zum Start des Gigs eher überschaubar voll ist und die seitlichen Ränge des Backstage Werks mit schwarzen Vorhängen abgehängt wurden, lässt allerdings zunächst auf wenig Zuspruch für das Tourpaket allgemein schließen. Die Anwesenden werden aber Zeuge eines starken Deathcore-Gigs, der von einigen symphonischen Anteilen aus der Konserve mächtig viel Volumen verpasst bekommt. Der Frontmann versteht es vom Fleck weg Stimmung ins Backstage zu bringen und auch der Sound ist gut. Dass die stimmliche Darbietung des Herren dabei sämtliche Genre-Register von tiefem Gurgeln, bis hin zu monströsem Höhenkeifen abdeckt, verstärkt die apokalyptische Stimmung der Musik zusätzlich und die Nackenmuskeln der Konzertgäste kommen langsam auf Betriebstemperatur. Die Musiker lassen auch technisch nix anbrennen und zocken sich voller Spielfreude durch ihre vertonte Apokalypse, bei der auch der eine oder andere Effekt auf dem Gesang gut passt. Starker Einstieg in den Abend. Die Dänen von Cabal begehen im Anschluss den Fehler ihren Umbau mit nervtötender Technomusik zu untermalen und verdienen sich damit zum Ehrentitel ‘Stimmungskiller des Abends‘. Allerdings entschädigt die Optik des Frontmanns, der in schwarzer Ganzkörperbemalung und blonder Mähne durchaus eine Erscheinung ist, ebenso für diesen Fauxpas, wie die brutalen Grooves, welche die Truppe auf die Fans loslässt. Die Herren mixen ihren Deathcore mit tanzbaren Techno-Beats und manch unerwartetem Break. Was die Bewegungsfreude der Fans augenscheinlich weiter steigert, denn Ansagen zur Wall of Death werden ebenso prompt erfüllt, wie der Moshpit dauerhaft aktiv bleibt. Mit mancher augenzwinkernder Ansage, z.B. bzgl. Merchandise-Käufen („I need the money, it helps…“) beweist der Frontmann außerdem Herz und Humor, womit der Sympathieaufbau der Band, trotz der Musikprügelei gut funktioniert. Dass die Australier von In Hearts Wake bereits im Vorfeld des Gigs keine CD’s mehr im Merchbestand haben, zeugt entweder von schlechter Kalkulation, oder von übermäßigem Fanzuspruch bei den Gigs zuvor. Etwaige Erwartungen an die Show werden aber zunächst von der Umbaumusik gedämpft. Denn Nickelback oder das totgehörte „Killing in the Name of“ von Rage Against the Machine, sind offenbar keine Stimmungsgaranten im Vorfeld einer Metalcore-Show. Im Gegensatz zum Einstieg in die Show, denn zum ersten Song steht der Frontmann mitten im Publikum und arbeitet sich brüllend zur Bühne vor (die kurzzeitige Verwirrung der Fans ist verkraftbar). Kleine Show-Kniffe wie dieser, oder auch die beiden Tänzer, die sich zu „Generation Doom“ (starker Song!) in schwarzen Silhouetten-Anzügen auf der Bühne räkeln, wirken dabei skurril und reizvoll zugleich. Denn sie peppen das, live doch etwas stumpf wirkende Songmaterial merklich auf. Die abflauende Spannungskurve zeigt sich auch daran, dass die letzten Songs, insbesondere das finale „Orphan (lᴉʌǝp ǝɥʇ)“ lediglich als unkontrolliert wirkendes Breakdown-Geknüppel hängen bleiben. Den Großteil der Anwesenden hindert das aber nicht daran, die Band nach Strich und Faden abzufeiern. Als um 21.30 Uhr Linkin Parks „The Emptiness Machine“ aus der Hallenanlage tönt, haben Caliban eigentlich schon gewonnen, ohne selbst einen Ton Musik gespielt zu haben. Denn der Song hallt laut aus den Kehlen der Fans wider. Der Opener „Guilt Trip“ sorgt dann sogleich für die erste Wall of Death der Show, ein Umstand, der die überkochende Stimmung im Backstage gut repräsentiert. Dass Sänger Andy mit sympathischen Ansagen punktet und München u.a. als eine seiner Top-Lieblingsstädte der Welt lobt, scheint die Besucher zusätzlich zu motivieren. Denn seien es die zahlreichen Fanchöre zu melodischen Refrains wie dem von „Memorial“, oder auch dem krachenden Hit „Ich blute für dich“, oder aber die durchaus beachtliche Wall of Death zu „VirUS“; die Stimmung bewegt sich zu jeder Zeit nah am Siedepunkt und wird durch die stimmungsvolle Lichtshow zusätzlich aufgeheizt. Dementsprechend verwundert das Dauergrinsen der Musiker kaum. Dass Neu-Bassist Ian Duncan mit seiner starken Klarstimme auch live überzeugt, lässt Brecher wie das melancholische „Insomnia“ oder „I Was A Happy Kid Once“ noch stärker wirken und auch die Lightshow untermauert die jeweilige Stimmung der Musik perfekt. Zum letzten Song „Nothing is Forever“ nimmt Frontmann Andy ein kurzes Bad in der vorderen Menge und nachdem viele Fans das als Aufforderung es ihm gleich zu tun verstehen, endet die Show nach exakt neunzig Minuten Spielzeit ohne Zugabe. Dass das unterm Strich das einzige Manko des Abends ist, spricht für die Band, die nach diesem Konzert ebenso strahlt, wie die Gesichter der Fans.
5. Wacken Open Air LGH 27.07.2025 Tag 1
Beim diesjährigen Wacken Open Air liegt der Wetterüberhang eindeutig auf „Rain“ anstelle von „Shine“, denn der Wettergott meint es, bis auf wenige Ausnahmemomente, wenig gut mit den Festivalbesuchern und lässt den Regen in Strömen fließen. Das ändert aber nichts an der Feierlaune der Besucher und der Bands, sodass die neunte Bühne des W:O:A bereits am Sonntag passabel besucht ist. Wer sich durch den Matsch auf ins Dorf Wacken macht, der bekommt u.a. von Blind Man’s Gun eine gutklassige Hardrock-Show geboten, bei der die Frontdame durch ihr verrauchtes Timbre gefällt und nicht nur optisch ein wenig ausgezehrt erscheint. Eine gewisse Nähe zu großen Namen wie Patty Smith lässt dabei (nicht nur stimmlich) nicht leugnen. Wobei die stimmigsten Momente jene sind, in denen die Band in Doom-affine Gefilde wechselt. Denn dadurch bekommen Stücke wie „Evil Eyes“, oder der Knarz-Rocker „Down to the Devil“ einen zusätzlich dreckigen Charme, der die Fans und auch die Band zunehmend auf Betriebstemperatur bringt. 5th Avenue scheint im Anschluss der Publikumszuspruch etwas verwehrt zu bleiben, allerdings wird es mit zunehmender Spielzeit voller im Landgasthof in Wacken und so finden auch die Musiker immer mehr Gefallen an ihrer Show. Mit Humor und Spielpaß rocken sich Knobel und seine Männer durch ein gutklassiges Hardrock Set zu dem sich auch zwei hübsch anzusehende Tänzerinnen auf der Bühne räckeln. Ob das ein Hauptargument für die wachsende Zuschauerzahl ist, kann zwar nicht abschließend geklärt werden, aber die Menge wächst an und die Freude auf Skyline steigt ebenso. Die ersten W:O:A-Headliner füllen den Landgasthof ind Wacken dann doch sehr schnell mit konzerthungrigen Metalheads, die sich an einem spannenden Set aus Covern und Eigenkompositionen erfreuen können. Dass die eigenen Songs wie „Hold On“ oder „Under the Radar“ dabei ebenso gut ankommen wie Cover von Disturbed („Stricken“) oder Linkin Park („In The End“) verdeutlicht einmal mehr den Umstand, dass Heavy Metal eben doch Gemeinschaftssinn beinhaltet und als die Festivalhymne „This is W:O:A“ das Set beschließt kocht die Stimmung im Landgasthof doch angemessen hoch.
Wacken Open Air LGH 28.07.2025 Tag 2
Der zweite Tag im Landgasthof steht unter dem Motto „Danish Steel Rising“ und bietet ausschließlich dänischen Bands Platz sich im Festivalkontext zu behaupten. Neben bereits bekannten Namen wie dem Headliner Baest, finden dabei auch die Newcomer Guttural Disgorge den Weg auf eine Wacken-Bühne um ihren Slam-Death Metal unters Festival-Volk zu feuern. Der Fokus liegt dabei, dem Genre entsprechend, auf Gurgel-Growls und Pig-Squeals zu zu melodielosem Brutalo-Sound. Und dazu muss natürlich durchweg böse geguckt werden, sonst fehlt es ja an der Authentizität. Ebensolche kann aber (wenn vorhanden) auch nicht über mangelnde Eigenständigkeit in Sachen Songwriting hinwegtäuschen, sodass der Gig zügig in Brutalitätseinerlei versumpft. Der Applaus während und am Ende des Sets bestätigt aber immerhin das Wohlwollen des Publikums. Livløs dagegen füllen den Landgasthof doch merklich mit Fans, die dem atmosphärischen Post-Irgendwas-Metal-Verschnitt der Herren beiwohnen wollen. Dass es der Musik, zumindest live, an merklichen Höhepunkten fehlt, macht die Band durch Spielfreude wett, denn besonders der Sänger weiß die vorderen Zuschauerreihen amtlich zu motivieren. Ansagen zu einer Wall Of Death wird also prompt nachgegangen und dass auch die Musik mit Zeit und Dank eines merklichen Zuwachses an Groove immer mehr zu fesseln weiß, kommt dem Auftritt natürlich zugute. Für eine erste faustdicke Überraschung sorgt im Anschluss das Trio 802 das von einem singenden Drummer angeführt wird. Mit rock n‘ rolligem Stoner Rock, der von einer stimmungsvollen Lichtshow untermalt wird, zieht die Band die Zuschauer zügig in ihren Bann und manch progressiver Taktwechsel gestaltet die Show angenehm unvorhersehbar. Momente, in denen sich der Geist aber in imaginären Rauchwolken davontragen lassen kann, bleiben dabei ebenso wenig aus, wie es an Groove und Druck mangelt, sodass der lautstarke Applaus am Ende des Sets mehr als verdient ist. Dass zu Beginn der Show von Baest der Sound etwas leise ist, stört die Fans nicht daran in Scharen in den Landgasthof einzufallen und so wird es sehr schnell sehr voll in der Location. Mit einer gut gemischten Setlist, die alte Schoten wie „Marks of the Undead“ ebenso abdeckt, wie sich mit „Creature“ oder „Gargloyes“ Stücke der letzten „Justicia“-EP finden gewinnen die sympathischen Death Metaller schnell das Herz der angereisten Fans. Aber auch als Menschen zeigen sie Baest sympathisch und freundlich, etwa wenn der Frontmann immer wieder den Kontakt zu den Fans sucht und u.a. mehr als einmal in den Pit vor der Bühne springt. Dass kurz vor Schluss die Show unterbrochen werden muss, weil ein Zuschauer ohnmächtig wird, ist zwar unerfreulich, aber die schnelle Reaktion der Band, die sofort nach einem Sanitäter verlangt und das Set unterbricht, bis der Betroffene versorgt ist, unterstreicht die sympathische Art der Dänen. Als nach der Groove-Walze „Necro Sapiens“ Schluss ist, scheint der Gig wie im Zeitraffer verflogen und Band und Fans verabschieden sich sichtlich zufrieden in die Nacht.
Wacken Open Air LGH 29.07.2025 Tag 3
Der Wacken Dienstag hält eine gewissen Thrash Metal-Überhang bereit, denn die Schweizer Broken Fate als sympathische Bande einleiten. Geboten wird melodischer Thrash Metal und besonders das raue Timbre des Frontmanns gefällt vom ersten Ton an. Kein Wunder, dass die Energie im Publikum schnell zunimmt und die Fans immer frenetischer bei der Sache sind. Call Of Charon setzen da im Anschluss nochmal einen drauf und servieren eine brutale Thrash Metal/Deathcore-Harke. Dass die Bewegungslust der Fans entgegen aller Erwartungen aber etwas abnimmt schmälert den Konzertgenuss keineswegs. Zwar kann die eine oder andere Motivationsrede des Frontmanns auch nicht zu mehr Adrenalin verhelfen, aber seine giftig-galligen Screams hüllen den Landgasthof doch ein wenig mehr in positiv-aggressive Stimmung, die dem Konzert gerecht wird. Bei Extinct dagegen geht’s traditioneller zu. Schneller Thrash Metal im Stile von achtziger Jahre Kreator geht augenscheinlich immer, denn die Besucher quittieren den Gig mit ordentlichem Zuspruch. Ob es zur Show gehört, dass die Musiker allesamt etwas verlebt erscheinen, oder ob das Leben als Thrash Metaler so strapaziös ist, klärt der Gig zwar nicht auf, aber die launige Riffschlacht die von der Bühne in den Landgasthof gefeuert wird wird mit zunehmendem Fan-Enthusiasmus quittiert. The Narrator gehen im Anschluss wieder deutlich moderner ans Werk. Modern Metal/Metalcore mit manch elektronischer Anreicherung steht auf dem Plan und das kommt sehr gut an, denn die Stimmung kocht doch einige Male hoch. Schuld daran sind nicht zuletzt auch die vielen Singalong-Anteile der melodischen Refrains. Dass der Frontmann zusätzlich fleißig mit den Fans interagiert und u.a. einige Stagediver auf die Bühne holt, steigert die Live-Freude umso mehr und mündet in ausgelassenen Pits und viel Bewegung im Publikum. Einziger Dämpfer der Show ist die bewusst politisierte Ansage gegen Nazis, die in keinerlei relevantem Kontext geboten wird, was dem Gig leider einen faden Beigeschmack verleiht.
Wacken Open Air 30.07.2025 Tag 4
Der erste Hauptbühnentag des W:O:A 2025 startet mit Power Metal mit manch symphonischem Einsprengsel der Italienerinnen von Dogma und offenbart zügig eines der Hauptprobleme dieses Jahr. Nein, es ist nicht das Wetter, sondern der Bühnensound. Zu Beginn des Konzerts kämpft die Stimme der Frontdame regelrecht gegen die Instrumentalfront an und verliert. Das wird aber zügig besser, sodass der Gig der Corpsepaint tragenden Nonnen mit Hang zu lasziver Selbstinszenierung doch noch den passenden Effekt als Aufwachprogramm mitbringt. Neben den eigenen Stücken kann u.a. das stimmige Medley „The Tribute“ überzeugen, denn die Huldigung an u.a. Ozzy Osbourne, Metallica, Slayer, Megadeth u.a. Szenegrößen wird mit lautstarken Applaus quittiert. Dass es derweil aus Eimern schüttet, kann die Fans auch nicht daran hindern den Gig von Enemy Inside mindestens mit Wohlwollen zu quittieren, denn zu dem melodischen Modern Metal der Truppe kommt einige Bewegung in der Menge auf. Sängerin Nastassja Giulia ist ebenso gut bei Stimme, wie ihre Mitmusiker das Publikum anzuheizen wissen und so wird zu Stücken wie dem Japan-Verschnitt „Sayonara“ oder dem musikalischen Sprungbrett „Angels’s Suicide“ fleißig gesprungen und mitgemacht. Mit Lita Ford steht im Anschluss eine verlebt aussehende Vorreiterin der Frauen im Heavy Metal auf der Bühne. Aber Optik ist kein Qualitätsmesser für Musik und daher gewinnt die Dame mit ihren Mitmuskern das Herz der Fans im Handumdrehen, denn die Besucher haben Lust auf klassischen Hardrock. Dass Lita nicht nur gut bei Stimme ist, sondern vor allem einen Schlagzeuger mit Spaßpotenzial im Gepäck hat, kommt dem Gig sicherlich zugute. Denn das Schlagzeugsolo mitten im Set avanciert doch zum Höhepunkt des Konzerts, das aber als starkes Konzert einer alten Lady der Szene verbucht werden kann. Mit Wind Rose fallen im Anschluss die Zwerge in Wacken ein. Dass die Musik der Band dementsprechend Party-tauglich klingt und neben allerlei Melodie-Folklore auch passende Kostüme (Zwergenrüstungen) zur Schau gestellt werden mag zwar nicht jedermanns Sache sein, aber musikalisch lassen die Herren nichts anbrennen und brennen eine feierfreudiges Set zwischen Melodie, Klamauk und Ohrwurmsongs ab, das die Fans doch vermehrt auf Betriebstemperatur bringt. Das Sanges-Feature mit Saltatio Mortis-Alea überrascht dementsprechend auch kaum. Apocalyptica feiern im Anschluss den Release ihres Albums „Plays Metallica Vol. 2“ und spielen ein „Special-Metallica-Set“. Klassiker wie „Enter Sandman“ oder „For Whom the Bell Tolls“ münden dabei unweigerlich in lautstarken Fangesang, während auch einige unterschätze Perlen der Dikografie von James Hetfield und Co. den Weg in die Setlist finden. Wer hätte z.B. gedacht, dass „St. Anger“ im Cello-Gewand zu unerwartetem Musikruhm kommen würde? Für das Wetter gilt das leider nicht, denn es schüttet wie aus Eimern, was aber die Laune der Fans nicht mindert. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn einem Jahrhundertklassiker wie „Blackend“, „Seek & Destroy“ (mit Gastauftritt von Tina Guo) oder „One“ entgegen gepfeffert werden? Starker Gig! Dass Beyond the Black mittlerweile Headlinerstatus besitzen, zeigt nicht nur ebenjener Slot an diesem Wacken-Mittwoch, sondern auch die hochklassige Darbietung von Jennifer Haben un Co., die mit „In the Shadows“ und „When Angels Fall“ gleich in die Vollen gehen und die Menge vor der Bühne zumindest in Teilen ganz gut zum mitmachen motivieren können. Dass nach fünf Songs ein weiterer Vorhang fällt und das Live-Debüt von „Break the Silence“ u.a. von maskierten Percussionisten eingeleitet wird, sorgt für einen Zuwachs an Theatralik, der die Stimmung (nicht nur wegen der Pyros) weiter anheizt. Weitere Höhepunkte der Show bilden der Groover „Shine and Shade“, aber auch das Tina Guo-Feature in „Free Me“ zu dem Jenny goldene Flügel zur Schau stellt. Dass es derweil immer noch wie aus Eimern schüttet, hindert die Fans nicht daran die Show zu genießen, was die Band zusätzlich zu motivieren scheint, denn spätestens beim Finale „Hallelujah“ brennen nicht nur die Pyros am Bühnenrand, sondern auch die Kehlen der Fans. Was eignet sich da besser um ein wenig runterzukommen, als hymnischer Hardrock der den Achtzigern huldigt? In der Bullhead City präsentieren Nestor zu diesem Zweck nicht nur optischen Glamour, der von Cheerleaderinnen zusätzlich angepriesen wird, sondern auch musikalisch geht’s mit den Schweden auf herzerwärmende Zeitreise hin zu hymnischen Refrains, Keyboard-Kitsch und Rock-Pomp. Die Band ist super aufgelegt und zelebriert Lebensfreude pur, sodass der eine oder andere Tänzer vor der Bühne in verträumter Verzückung und ekstatisch in Musiknostalgie versinkt. Super Sache! Ähnlich nostalgisch, aber von deutlich dunklerem Kaliber zeigen sich zum Tagesabschluss Ozzyfied. Es ist voll vor der W:E:T-Stage, denn der Hunger nach Ozzy Osbournes Musik schient ungebrochen, vielleicht auch gerade wegen dessen vor kurzem erfolgten Ableben. Die Musiker verkörpern ihre jeweiligen Rollen in Perfektion und mit geschlossenen Augen könnte man tatsächlich meinen hier den Prince of Darkness persönlich „Mr. Crowley“ singen zu hören. Dass die Fans dementsprechend enthusiastisch mitmachen, wenn Klassiker wie „Crazy Train“ oder das unkaputtbare „Shot in the Dark“ von der Bühne tönen, versteht sich von selbst. Mit „Paranoid“, „Iron Man“ und „War Pigs“ gibt’s zum Abschluss noch eine Zeitreise in die Klassikerphase von Black Sabbath. Dass die Zuschauer entsprechend enthusiastisch mitmachen und die musikalische Legende aus Birmingham überschwänglich abfeiern, macht das Konzert zu einem wunderbaren Tagesabschluss.
Wacken Open Air 31.07.2025 Tag 5
Mit den Über-den-Tellerand-Hardcorelern von Prong startet der Wacken-Donnerstag mit Groove und Szene-Credibility. Dabei scheint es den Zuschauern egal zu sein, dass das Set von Tommy Victor und Co. nicht allzu viele musikalische Höhepunkte zu bieten hat, denn nach anfänglichem Zögern regt sich dich eine Bewegung vor der Louder-Stage. Die morgendliche Aufwärmübung gelingt also augenscheinlich ganz gut. In der Bullhead City steigt derweil das Metal Battle und die Südafrikaner von Halvar bieten Hardcore-affinene Thrash Metal, der augenscheinlich von der Jugendphase alter Helden wie Kreator beeinflusst wurde. Titel wie „Into the Pit“ werden dabei zum Konzertmotto erklärt, während sich die Musiker agil zeigen und die Menge nach und nach auch zum mitmachen animieren können. Die Chinesen von Eternal Power geben sich melodischer und Power Metal-affin. Dass der Gesang hier und da aber doch ein wenig neben der Höhenspur liegt, vergrault weniger Besucher als zunächst gedacht. Vielleicht liegt das aber auch an der passablen Instrumentalarbeit der Band. Das erste wirkliche Highlight für die Finsterfraktion folgt mit Umbra Conscientia die ihre beiden bisherigen Alben mit je drei Songs bedenken. Das live zum Quintett aufgestockte Trio, hämmert sich bei etwas dumpfem Sound durch finstere Black Metal-Ekstase, die der Sonne den Kampf ansagt. Neben fehlenden Ansagen wirkt auch die körperliche Interaktion der Musiker eher verhalten, bis bewusst stoisch, was den außerweltlichen Ansatz der Musik aber verstärkt und gut passt. Mit Svarttjern wird’s danach asozial punkig und das nicht nur weil der Frontmann jeden Nicht-Trinker zum Weichei erklärt („…don’t be pussies…show me your alcohol…“), sondern auch weil hier musikalisch rotziger Black n‘ Punk mit ebensolchen Auswurfaktionen (spucken, rotzen) unterstrichen wird. Kein Wunder, dass nicht jeder die bandeigenen Liebeslieder (O-Ton des Sängers) als solche wahrnimmt. Aber unterm Strich passt hier alles gut zusammen und der dreckige Black Metal der Band kann mehr und mehr überzeugen. Das lässt sich von den Mördergeschichten von Macabre eher weniger behaupten (zumindest aus Sicht des Autors…). Denn auch wenn sich die Musiker in Sachen Show Mühe geben (zu jedem Song läuft ein entsprechendes Pendant des besungenen Serienkillers über die Bühne), wirken Musik und Darbietung allzu bewusst überzogen bzw. erwecken den Eindruck eines grotesken Kindertheaters, bei dem die Stimmung zwischen Sarkasmus und Fremdscham schwankt. Der Zuspruch der Fans ist dennoch nicht allzu gering. Mit Hellbutcher steht im Anschluss eine Black-Thrash-Legendenfigur auf der Bühne. Denn der namensgebende Frontmann der Truppe entstammt bekanntlich den Nietenfetischisten von Nifelheim. Der Umstand, dass die Band heute ihr komplettes Debütalbum spielt, sowie u.a. Bathorys „Die in Fire“ und Venoms „Black Metal“ covert, findet Anklang bei den Zuschauern und die sympathisch-chaotische Art des Frontmanns sorgt für zusätzlichen Spaßfaktor. Mit Krisiun geht’s danach auf Zeitreise in die neunziger Jahre. Jene erste Blütezeit des Death Metal, die bis heute nachwirkt. Das Special-90s-Set der Brasilianer bietet feinsten Baller-Stoff, den die anwesenden Fans entsprechend abfeiern. Der (beinahe-) Verzicht auf Songs, welche nach ihrem dritten Album „Conquerors of Armageddon“ entstanden sind („The Great Execution“ von 2011 wird mit zwei Stücken bedacht), zieht einige begeisterte Fans der alten Death Metal-Schule in ihren Bann und kann vom Fleck weg mit Power und instrumentaler Energie überzeugen. Einziges Manko bleiben daher die verzichtbaren Soloausflüge der Musiker, denn sie strecken das Set unnötig. Da wäre der Hunger nach weiteren bockstarken Songkalibern wie „Blood of the Lions“ doch etwas größer gewesen. Nichtsdestotrotz: Sehr starker Gig! Im Anschluss beschließen Ministry den Tag mit politischer Infantilität (das Anti-Trump-Statement direkt zu Beginn der Show zeugt schon mal von der ideellen Geisterfahrt der Band) und Industrial Metal. Vor der Louder-Stage ist es dennoch brechend voll. Dass die Show vornehmlich von kalten und hektischen Lichteffekten lebt, wobei der Sound von Al Jourgensen und Co. dem optisch kaputten Charakter des Frontmanns entspricht, wirkt interessant, kann aber auf Dauer auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das klinisch-kalte Geballer nicht jedermanns Sache ist. Mit „Rio Grande Blood“ und „Goddamn White Trash“ werden immerhin zwei musikalisch packende Stücke geboten, die auch dem weniger Industrial-affinen Metaller gut ins Ohr laufen.
Wacken Open Air 01.08.2025 Tag 6
Mit Ozzy Osbournes „Crazy Train“ leiten die selbsternannten Zombie-Metaller Dominum in ein Set aus makabren Horrorgeschichten. Wobei die Musik eingängig und schmissig klingt und zu einem Großteil durchaus von Sabaton inspiriert zu sein scheint. Dass das Party-Potenzial entsprechend groß ausfällt verwundert kaum. Zugleich wird die Publikumsmotivation von Frontmann Dr. Dead und seinen (nach Selbstaussage eigens erschaffenen) Musikerzombies schnell und freudig angenommen. Lakeview legen auf der Louder-Stage derweil eine etwas krude Mischung aus Country und Pop-Core an den Tag, bei der allerdings die prolligen Posen der Musiker etwas fade wirken. Dass sich einer der beiden Frontmänner u.a. ein Bier von einem Fan schnorrt, während er sich an anderer Stelle als ‘Working-Class-Guy‘ inszeniert, will dabei kaum ins Bild passen. Nett gemacht ist der Gig trotzdem, wenn er auch das Metallerherz nicht wirklich berührt. Im Anschluss gibt’s von den Franzosen von Landmvrks aber wieder eins auf die Mütze. Dabei gewinnt der Gig immer mehr an Reiz, auch weil der Gesang von Frontmann Flo, sowohl im klaren Bereich, als auch in Sachen Gebrüll eigenständig klingt. Stücke wie „Death“ oder „Sulfur“ drücken nicht nur mit ordentlich Groove in der Magengegend, sondern sorgen auch für einige Bewegung vor der Bühne. Die melancholische Note, die in vielen Stücken anklingt, kommt dabei gut zur Geltung und wird auch von Elementen, wie wechselnden Backdrops unterstützt. Zu „Sombre 16“ aus der Konserve macht sich der Sänger dran ein Logo-Graffiti zu fabrizieren, ehe „Say No Words“ düstere Töne anschlägt und die melancholisch-triste Seite der Zweiten Hälfte des Sets vorweg nimmt. Sehr stark! Peyton Parrish bringt danach wieder Drama und Pathos auf die Bühne des W:O:A. Ohne große Showelemente überzeugt vor allem die vielseitige Stimme des Sängers, der mit seiner Band u.a. das Viking-Versatzstück „My Mother Told Me“, aber auch metallisches wie „Demonslayer“ darbietet. Mit dem Linkin Park-Cover „Leave Out All The Rest“ kann die Band zudem überraschen, denn die gebotene Version klingt doch eigenständiger und spannender als vielleicht mancher erwartet hätte. Krokus feiern indes ihr fünfzigjähriges Bühnenjubiläum auf dem Wacken Open Air und zeigen, dass sie nach wie vor im Live-Saft stehen. Der viel zu laute Bass, bzw. die allgemein zu laut aufgedrehte Bühnen-Anlage verhageln den Genussfaktor des Gigs aber doch ein wenig. Nicht nur, dass es den Songs dadurch bisweilen an Feeling und Feinheit fehlt, auch eigentlich markige Elemente wie das Drum-Solo gegen Ende der Show, strengen leider eher an, als wirklichen Mehrwert zu bieten. Mit Dirkschneider geht’s im Anschluss auf Zeitreise. Es gilt vierzig Jahre „Balls to the Wall“ zu feiern. Dass ausgerechnet „Fast as a Shark“ als Einstieg nicht von ebenjenem Album stammt, ist dabei kein Beinbruch, denn im weiteren Verlauf der Show kommt der geneigte Besucher in den Genuss des kompletten Albums, das mit „London Leatherboys“ oder auch dem Live-Must-Have „Balls to the Wall“ den ein- oder anderen Kracher zu bieten hat. Dass Udo sich zu „Victory“ das Mikrofon mit Doro teilt, passt sowohl optisch, als auch klanglich gut ins Bild und nach „Princes of the Dawn“, „Up to the Limit“ und einem knackig herausgepfefferten „Burning Just Like Fire“ haben sich Udo Dirkschneider und seine Männer ihren Applaus redlich verdient. Papa Roach starten ihre Show mit der Video-Weltpremiere ihrer Single „Braindead“, bevor „Even if it kills me“ den Einstieg in ein wahres Monsterkonzert markiert. Dass es sehr voll wird im Infield, scheint die Musiker wohl zusätzlich anzustacheln, denn die Spielfreude lässt Stücke wie „Kill the Noise“ oder auch „Liar“ umso energischer erscheinen. Eingeleitet von einer Video-Erklärung, die Suizid als gesellschaftliches Problem anspricht und u.a. diverse Hilfestellungen dafür abbildet, wird „Leave a Light on (Talk Away the Dark)“ zu einem ergreifenden Moment des Sets, das die Botschaft von Hilfe und Akzeptanz derselben glaubhaft darstellt. Entsprechend enthusiastisch fällt auch die Reaktion der Fans aus. Nachdem „Born for Greatness“ das reguläre Set mit hoffnungsvollen Tönen beschließt, gibt’s einen vier-Song-Zugabeblock, der neben klassischem Nu-Metal („Infest“) auch ein Medley der Stücke „Blind (Korn), „My Own Summer (Shove It)“ (Limp Bitzkit), „Break Stuff“ (Deftones) und System of a Downs „Chop Suey“ enthält. Dazu dreht das Publikum völlig frei, ehe die letzten Stimm- und Kraftreserven zu „Last Resort“ freigesetzt werden. Dass Fans und Band sich zu gegenseitiger Höchstleistung anstacheln, macht Papa Roach zu einem der Festivalgewinner und dürfte den Musikern einige neue Fans beschert haben. Bei Dimmu Borgir ist danach beinahe größtmögliches Kontrastprogramm angesagt. Die nächtliche Dunkelheit bietet das perfekte Setting für den dramatisch aufgeladenen Black Metal der Norweger und so entfalten Stücke wie „Puritania“ oder „Gateways“ (heute leider ohne Gastsängerin) ihre ganz eigene Spannung. Klassiker wie „The Serpentine Offering“ oder auch „Stormblåst“ lassen derweil keine Wünsche offen und werden ebenso treffsicher dargeboten, wie das dramatische Abschlussdoppel „Progenies of the Great Apocalypse“ und „Mourning Palace“, das letztendlich keine Wünsche offen lässt. Dass Shagrath zudem bisweilen ungewöhnlich offenherzig plaudert und in Bewegungslaune ist, lässt den Gig auch für Nicht-Fans angenehm kurzweilig erscheinen. Danach beschließen Dark Funeral den Tag auf der Louder-Stage mit mindestens zwanzig Minuten Verspätung. Das rasante Geballer der Schweden, die heute ein Special-Set spielen und ihr Album „Diabolis Interium“ in voller Länge aufführen, wird u.a. durch reichlich Feuer und Rauch, sowie Showelemente wie einer Feuertänzerin in Szene gesetzt. Allerdings lässt sich eine gewisse aufkeimende Eintönigkeit in den Kompositionen nicht ganz abstreiten. Als blasphemisch-plakativer Tagesabschluss kann der Gig aber durchaus was.
Wacken Open Air 02.08.2025 Tag 7
Der letzte Festivaltag beginnt mit den Verrückten von Callejon, die auf der Louder-Stage neben politischer Fragwürdigkeit (FCK AfD-Sticker auf der Gitarre und diverse Aussagen in Songs wie „Porn from Spain 3“), auch komplettes Hintergrundwissen missen lassen und sich mit dem Die Ärzte-Cover „Schrei nach Liebe“ (inklusive Ansage gegen sog. Demokratiefeinde) endgültig selbst ins ideelle Abseits befördern. Ob es die üblichen Publikumsspiele wie eine Wall of Death vor „Snake Mountain“ auf dem verschlammten Gelände wirklich braucht, ist ebenso diskutabel, wie die Tatsache, dass die Fans zum Finalen „Porn from Spain 2“ mit Matsch werfen. Musikalisch eignen sich aber sowohl ältere Schoten wie „Blitzkreuz“ oder das, passenderweise verregnete, „Kind im Nebel“, als auch Prügelstoff neueren Datums wie „CBRTRK“ oder „Tor des Todes“ dazu, die Fans auf Betriebstemperatur zu bringen. Zur Überbrückung bis zum Gig von August Burns Red, macht sich der Besuch des laufenden Warkings-Konzerts bezahlt, denn klassischer Heavy-/Power Metal macht den Tag schließlich kaum schlechter. Die Augustbrandstifter steigen dann mit einem Cover von System Of A Downs „Chop Suey!“ in ihr Set ein und gewinnen damit auf Anhieb (denn welcher Metalhead mag Serj Tankian und Co. nicht…!?!?). Dass sich die Musiker zusätzlich bewegungsfreudig geben und der Frontmann mehr als einmal betont, wie wichtig es ist, im Leben durchzuhalten und weiterzumachen, sorgt für Sympathiepunkte, die den ballernden Metalcore der Truppe auflockern. Mit „Ghosts“ bohrt die Band außerdem ein dickes Brett in Sachen Atmosphäre ohne Schnickschnack, sodass der Applaus am Ende doch gerechtfertigt laut ausfällt. Floor Jansen spielt indes ein Best-Of-Set von Stücken beinahe aller Bands, an denen sie jemals beteiligt war/ist. Dass die Stücke ihres Soloalbums nach eigener Aussage für das W:O:A metallisch aufpoliert wurden, steht dem Material sehr gut, wenn auch nur drei Titel von „My Paragon“ den Weg in das Set finden („Invincible“, „Storm“, „Fire“). Der Schwerpunkt liegt derweil auf metallischeren Klängen wie den Nightwish Songs „Noise“, „Spider Silk“, „Amaranth“, „7 Days To The Wolves“ und „Nemo“, wobei besonders bei der Wolf-Hymne einmal mehr auffällt, wie sehr Marko Hietala im Nightwish-Kontext fehlt. Davon abgesehen gewinnt Floor allein durch ihre sympathische Art, mit der sie die Fans zügig auf ihre Seite zieht. Mit Mastodon steht anschließend eine Wacken-Premiere an, wie es Troy Sanders und Co. betonen. Dass die Songs des Atlanta-Vierers nicht immer direkt geradlinig klingen, schadet dem Live-Erlebnis heute keineswegs. Das progressive Gehämmer entwickelt zügig einen völlig eigenen Reiz, bei dem Stücke wie „The Motherload“ oder auch „More Than I Could Chew“ von abgedrehten Video-Visuals untermalt werden, wodurch manch bewusst unkoordiniert wirkender Moment im Nu wieder Sinn ergibt und sich als Teil eines spannenden audiovisuellen Puzzles zeigt. Das finale Cover von Black Sabbaths „Supernaut“ wird zudem Ozzy Osbourne gewidmet, womit der Vierer nur gewinnen kann. Schöne Sache W.A.S.P geben sich, anders als ihre Vorgänger, etwas überzogen klamaukisch, ohne ein fantastisches Konzept wie es zuvor z.B. Warkings vorgemacht haben, zu präsentieren. Stattdessen liegt der Fokus auf achtziger Jahre Prototyp-Hardrock, der ebensolche Bildklischees wie Totenschädel, Biker-Mentalität und plumpen Horror der Marke „Gruselmonster-sucht-schöne-und-hilflose-Lady-heim“ auffährt und damit mehr als einmal zum Schmunzeln anregt. Ein Großteil der anwesenden Fans schwelgt jedenfalls in kollektiver Jugenderinnerung an die achtziger Jahre-Heavy-Metal-Goldzeit. Ein Bühnenbild im Stile eines gotischen Tempels und dramatische Intromusik, sowie Videoprojektionen von kyrillisch beschrifteten Grabsteinen lassen die Erwartung an den Gig von Within Temptation durchaus ansteigen und als Sharon Den Adel mit einer goldenen Sonnenmaske die Bühne betritt, scheint die Anfangsinszenierung perfekt. Ins politische Abseits befördert sich die Sängerin trotzdem, denn auch wenn ihre Sympathie für die Ukraine anfangs weniger offensiv als in der Vergangenheit wirkt (sie trägt lediglich eine kleine Bemalung im Stile der Landesflagge auf dem Unterarm), lässt sie spätestens zu „Stand Your Ground“ eine ihrer (mittlerweile leider üblichen) Lobeshymnen an das ukrainische Volk und seinen Kampf für die politische Freiheit Europas vom Stapel. Dass sie damit das komplette Konzert in einen fragwürdigen politischen Kontext setzt, vermiest kritischen Geistern die Stimmung doch erheblich, denn es zeugt schlicht von einem uninformierten bis ideologisch fragwürdigen Geist, ein Land oder eine politische Entwicklung vor dem Kontext eines Musikkonzerts als die Verteidiger von Recht und Freiheit darzustellen. Denn gerade Musikfestivals sollten die Menschen verbinden anstatt zu spalten. Dass jedwede politische Propaganda (nichts anderes ist eine solche Aktion) zum Gegenteil führt, sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Davon abgesehen, spielen Within Temptation aber ein gutes Konzert, das den Fokus auf geradlinigere Nummern ihrer Alben „The Unforgiving“ und „Bleed Out“ legt. Die obligatorischen Hymnen „Ice Queen“ und „Mother Earth“ am Ende des Sets führen dagegen zurück zu den Anfängen der Band und zeigen, dass die musikalische Entwicklung der Niederländer doch unvorhersehbarer war/ist, als es manchmal scheint. Fazit: Gute Musik, fragwürdige Inhalte. Mit Gojira wird’s heftiger. Die als Bogen inszenierte Bühnenbeleuchtung kann sich ebenso sehen lassen, wie die Show der Franzosen, die ohne allzu viele Gimmicks ein beeindruckendes Konzert spielen. Mit „Only Pain“ und „The Axe“ legt die Band ihre eigene Messlatte sehr hoch, was für die Musik, aber auch für die Visuals gilt. Denn der Aufgang hinter dem Drumraiser gleicht einer beleuchteten Laufbahn, an deren oberen Kanten weitere Mikrofonpodeste stehen. Zu Stücken wie „Flying Whales“ gibt’s passende Silhouetten auf den Bildschirmen zu sehen und es fliegen aufblasbare Schwimmwale durch die Fanmenge. Die Stummfilmfrage von Drummer Mario, ob die Fans bereit seien für fünf Minuten Doublebass, leitet das drückende „From the Sky“ hitzig, aber auch witzig ein und als später Marina Viotti „Mea culpa (Ah! Ça ira!) (die Olympiahymne der Band) mit ihrem Operngesang veredelt, bekommt die Show doch einen etwas dramatischen Touch. Der Sound ist derweil top und mit „The Gift of Guilt“ gibt’s am Ende den repräsentativ hypnotisch-unvorhersehbaren Walzenklang auf die Ohren, für den Gojira mittlerweile bekannt sind und geliebt werden. Dass es derweil den ganzen Tag wie aus Eimern schüttet, macht sich spätestens zum Gig von Machine Head negativ bemerkbar. Denn die Circle-Pit-Aktivitäten nehmen immer mehr zu, was natürlich auch durch die eine oder andere Ansage von Robb Flynn angeheizt wird („…bigger Motherfuckers, bigger…“). Dass Infield versinkt entsprechend tief im nass-schleimigen Matsch, der die Stiefel der Besucher gierig zu verschlingen scheint. Mit „Imperium“ und „Ten Ton Hammer“ steigt die Band groovelastig in ihr Set ein und spätestens bei „Is There Anybody Out There?“ brechen die Dämme für Fanchöre endgültig. Dass Rob seine Ansagen aber viel zu lange ausführt und nach jedem Song um Publikumsreaktionen bettelt, verleiht dem Gig einen etwas faden Beigeschmack. Denn die Animierung zu allerlei körperlicher Aktion ist bei der diesjährigen Wacken-Schlammschlacht schlicht noch nerviger und auch schwieriger umzusetzen, als bei gutem Wetter und darüber hinaus wirkt es wie bewusste (?) Zeitverschwendung zwischen den Songs, wenn Rob ein Bier in die Menge wirft, oder die Band erst anfängt zu spielen, wenn das Publikum den Forderungen nach Bewegung zu Genüge nachkommt. Songs wie „Now We Die“ oder „Locust“ sind natürlich trotzdem über jeden Zweifel erhaben und werden entsprechend abgefeiert. Dass die Setlist zudem gut gemischt wirkt und jede Phase der Band abdeckt, sorgt für zusätzlichen Freudenfaktor. Das Finale, bestehend aus „Davidian“ und „Halo“ könnte letztlich kaum mächtiger wirken und das Feuerwerk am Ende kann sich ebenso sehen lassen, wie sich die Musik hören lassen kann. Festivalfazit: See You In Wacken 2026!
6. The Dark, Fainthearted, Mavis Backstage Club München 22.09.2025
The Dark laden zur Headlinertournee und bringen mit Fainthearted und Mavis zwei Newcomer vom selben Format (nur mit weniger Hype) mit, um dem Münchner Publikum einzuheizen. Dass zum Einlassbeginn im Backstage Club kaum was los ist, liegt weniger an der akustischen Beschallung (denn die fällt mit Parkway Drive und ähnlich gelagertem Sound bestens aus), sondern wohl eher am Beginn der Wiesn. Wirklich beeindrucken lassen sich die Stuttgarter Mavis davon nicht. Denn sie bringen ihren melodischen Metalcore mit Hingabe auf die Bretter. Allerdings kann auch überbordendes Herzblut nicht wirklich über die generischen Strukturen der Songs hinwegtäuschen. Es gibt viele Singsang-Momente und das raue Organ des Frontmanns erinnert an so ziemlich jede zweite Genre-Truppe, die in den letzten zwanzig Jahren aus der Szene gekrochen ist. Strukturell und in puncto Auftreten kommen einem dabei allen voran Bring Me The Horizon in ihrer Pop-Phase in den Sinn. Das klingt zwar alles nicht schlecht und auch die vielen Mitsing-Anteile kommen gut an, dass aber gerade die letzten beiden Stücke mit wachsendem Härtegrad zu den Gewinnersongs zählen, unterstreicht den beliebigen Eindruck des übrigen Sets doch etwas zu sehr. Trotzdem: Als Aufwärmübung ist der Gig ganz nett. Fainthearted können danach immerhin durch zunehmende Atmosphäre punkten, die u.a. dem vermehrten Einsatz von Synthesizern zu verdanken ist. Die Melodien der Freiburger baden die Anwesenden in Melancholie, während Stücke wie „Half-Life“ sogar einen kleinen Moshpit provozieren. Zwischendurch entpuppen sich die Momente mit harten Breakdowns und marginalem Deathcore-Anstrich als die stärksten des Sets. Denn hier gehen die Fans am meisten mit. Dass nach dreißig Minuten Spielzeit und dem Rausschmeißer „For Never“ trotzdem kaum wirklich was von dem Konzert hängen bleiben will, spricht leider wenig für die künstlerische Nachhaltigkeit der Band. Zum Umbau für The Dark tönen erneut Parkway Drive aus der Hallanlage und als die Truppe aus Los Angeles ihr Misch-Set aus elektronischer Härte (Tracks wie „Slip Away“) und melodisch-melancholischen Tiefschlägen wie „Head Of The Snake“ startet, drückt der Sound doch ganz ordentlich in der Magengrube. Dass sich der Frontmann allzu große Ansagen spart und stattdessen immer wieder mit den Fans auf Tuchfühlung geht, sorgt für Sympathiepunkte und lässt den Gig sehr kurzweilig geraten. Mit „Zippermouth“ gibt’s derweil einen neuen Song zu hören, der so gut ankommt, dass er am Schluss des Sets nochmal als Zugabe gespielt wird. Zum treibenden Electro-/Deathcore-Verschnitt „In Heaven There’s Nothing To See“ kommt zwischendurch etwas mehr Bewegung in die Crowd, die am Ende mit einer sehr geilen Version des Melancholik-Ohrwurms „Circles“ belohnt wird. Dass der Gig nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit aber auch schon wieder vorbei ist, lässt sich zwar verschmerzen, aber es bleibt doch der Eindruck, dass hier schleunigst weiteres Songmaterial her muss, damit der Hype um The Dark mehr wird als nur ein solcher.
7. Architects, Wage War, House Of Protection Zenith München 01.10.2025
Die Architects erfreuen sich seit einigen Jahren stetig wachsender Beliebtheit und haben sich zu einem Szenedarling gemausert, der mehrere Generationen von Metalheads unter seinem Dach vereint. Davon zeugt auch das bunt gemischte Publikum, welches das ausverkaufte Zenith zügig belagert. Mit Wage War und House Of Protection haben die Briten derweil aufstrebende Supportbands im Gepäck, wobei das letztgenannte Duo mit seinem groovigen Rapcore die erste große Überraschung des Abends bietet. Die Personenkonstellation bestehend aus Drummer/Sänger und Sänger/Gitarrist ist im Kontext modern tönender Metalsounds keine Alltäglichkeit, was ebenso für den Rap/Metal/Metalcore-Hybridsound der Band gilt. Beide Musiker legen sich dementsprechend ins Zeug und springen hibbelig über die Bühne, bzw. beackern das Drumkit im Stile des Tiers aus der Muppet Show. Die Songs gehen dabei zügig ins Ohr und scheuen auch eine gewisse Aggression nicht, was sich u.a. in einem Ohrwurm wie „Godspeed“ als Zündstoff für die Fans herausstellt. Dass hier ein zusätzlicher Schlagzeuger die Bühne entert, während Fest-Schlagzeuger Aric Improta den Frontmann mimt, ist ein zusätzliches, nettes Gimmick, denn der Mann hat eine gute Stimme. Zum letzten Song „It’s Supposed to Hurt“ fordert Frontmann Stephen Harrison gleich zwei Circle-Pits, die am Ende zu einem großen Pit fusioniert werden sollen. Dass die Fans diese Aufforderung doch passabel umsetzen, spricht am Ende für einen gelungenen Gig, von dem musikalisch aber wenig hängen bleiben will. Wage War dagegen platzieren sich schon mit dem Intro-Song (Metallicas „Wherever I May Roam“) auf der Gewinnerseite des Abends. Zum Opener „Tombstone“ geht dann auch ein Ruck durch das Publikum, das sich mit Aktivitäten wie Circle-Pits und Mosh-Pits nicht mehr zurückhält. Die Energie, die von der Bühne schwappt, wird dabei lediglich von kleinen Momenten, in denen der Druck fehlt getrübt. Denn Brecher wie „The River“ schreien nach einem Basssound, der die Magenwand massiert. Aber auch ohne dieses Sahnetopping lassen Wage War heute nix anbrennen. Denn neben melodischen Tanznummern wie „BLUR“ beanspruchen Songs wie „NAIL5“, oder „Stitch“ die Nackenmuskeln doch aufs Äußerste und bieten reichlich Potenzial für Moshpits und dergleichen. Dass ebendiese nicht lange auf sich warten lassen, spricht einerseits für die Feierfreude der Fans, andererseits auch für das Energiepotenzial, das Wage War heute freisetzen. Dass der Applaus nach dem Finale „Manic“ entsprechend euphorisch ausfällt, ist also angebracht. Als um 21:00 Uhr Queens „Don’t Stop Me Now“ aus der Hallenanlage tönt, singt ebendiese lauthals mit, womit die Feierfreudige Stimmung der Fans sehr schön eingefangen wird. Zu „Elegy“ und „Whiplash“ öffnet sich dann der Vorhang auf ein stimmungsvolles Bühnenbild, das von allerlei Neonröhreninstallationen an der Decke und den Seiten der Bühne gesäumt ist. Und dass die Fans heiß auf die Show der Architects sind zeigt sich ebenso schnell, wenn Stücke wie „when we were young“, oder der Ohrwurm „Curse“ mehrere Moshpits und lautstarke Fangesänge verursachen. Weniger spaßig ist dagegen das Eskalationspotenzial, das Brechern wie „Impermanence“ (leider ohne Winston McCall), „Gravedigger“ oder „Doomsday“ innewohnt. Denn blutende Nasen oder dank umgeknickten Fuß humpelnde Fans sind heute Abend leider mehrmals zu beobachten. Dass Sam Carter in seinen Ansagen aber immer die Balance zwischen Anstachelung und Achtsamkeit gegenüber anderen findet, ist dabei ein feiner Drahtseilakt, der den Engländer einmal mehr als sympathischen Frontmann herausstellt. Als nach dem Lichtflimmer-Kracher „Blackhole“ die Stimmung auf dem Siedepunkt ist, verschwindet die Band erstmal von der Bühne um mit „Seeing Red“ umso heftiger in den Zugabeblock einzusteigen. Die flimmernde Lichtshow könnte manchem Epileptiker nicht gut bekommen, stachelt die Fans aber doch zu stimmlichen Höchstleistungen an, denn der Refrain schallt laut in der Halle wider und mit ihrem Mega-Hit „Animals“ sorgen Architects am Ende dafür, dass in der Halle niemand mehr still steht und jeder (!) Anwesende mindestens den Refrain mitsingt. Damit setzten die Engländer einen starken Schlusspunkt unter ein starkes Konzert, dass aber leider etwas kurz ausfällt (denn 90 Minuten Standardspielzeit sind, gemessen an vergangenen Touren mit teilweise über zwei Stunden Spielzeit doch etwas mager). Hinzu kommt, dass die Preise für Merchandise eine Frechheit sind. 40-45 Euro für ein T-Shirt und bis zu 80 Euro für einen Hoodie…bitte was?!?! Dass die Merch-Stände in der Vergangenheit auch schon länger belagert wurden, spricht für sich…
Dominik Maier