CHILDREN OF BODOM – Genie, Wahnsinn und Krawall

Alexi Laiho war in Szenekreisen und darüber hinaus einer der talentiertesten Musiker unserer Zeit. Primär für seine Gitarrenkünste gefeiert, war er aber auch als Songwriter und für meine Begriffe als markanter Frontmann nicht zu verachten. Sein Leben war und ist auch im Rückblick unausweichlich mit CHILDREN OF BODOM verknüpft, eben auch weil die Band für ihn wohl nicht „nur eine Band“ sondern sein sprichwörtliches Leben war. Beinahe jede Minute seiner Zeit hat er der Band und seinem kreativen Schaffen gewidmet. Dabei ist ihm und seinen Mitmusikern das Kunststück gelungen vom ersten Album an einen klar definierten musikalischen Stil vorzuweisen und sich innerhalb dieses Stils zumindest über die ersten fünf Alben hinweg konsequent zu steigern. Dass aber auch auf den nachfolgenden Scheiben ein gewisser Signiture-Sound immer erkennbar war zeugt davon, dass die Band immer an ihrer musikalischen Vision festgehalten hat und sich nicht verbiegen hat lassen. Insofern dürfen die verbliebenen Bandmitglieder auf ein außerwöhnliches Gesamtwerk zurückblicken, das den modernen Metal zweifellos nachhaltig geprägt hat.


1. Something Wild (1998)

Dass ein Debut bereits derart ausgereift ist und vor allem so kompetent und klanglich differenziert in Szene gesetzt wird passiert auch nicht alle Tage. Auf dem passend betitelten „Something Wild“ sind bereits alle Trademarks die den Bandsound ausmachen vorhanden. Heavy Metal Riffs mit schwarzem Anstrich bilden das Fundament für ausgefeilte, teilweise auch etwas ausufernde Soloschlachten zwischen Gitarre und Keyboard. Dass Alexis Geschrei noch nicht ganz mit dem instrumentalen Niveau der Band mithalten kann lässt sich getrost verschmerzen, denn erstens sind es vor allem die Riffs und Melodien die den Hörer fesseln und zweitens wird bereits ein Jahr später ein immenser Entwicklungsschritt vor allem in stimmlicher Hinsicht deutlich, doch dazu später mehr. Auf „Something Wild“ hört man eine junge, hungrige Band die bereit ist nach den Sternen zu greifen und das stellt sie mit zahlreichen Knallersongs unter Beweis. Anspieltipps wären u.a. der starke Abschluss „Touch Like Angel Of Death“ (hier werden alle Stärken und Trademarks der Band gebündelt), der furios thrashende Auftakt „Deadnight Warrior“ und der hymnenhafte Nackenzwirbler „Lake Bodom“ (wohl DER Ohrwurm des Debuts). Bemerkenswert ist außerdem, dass sich an der musikalischen Grundausrichtung seit diesem Album kaum etwas verändert hat, denn es beweist dass CHILDREN OF BODOM von Anfang an genau wissen welchen musikalischen Weg sie gehen wollen.


2. Hatebreeder (1999)

Höher, schneller, weiter – so lässt sich die Entwicklung vom Debut zu „Hatebreeder“ zusammenfassen. Dieses Zweitwerk hat sich über die Jahre zu einem unverzichtbaren Klassiker entwickelt mit dem CHILDREN OF BODOM spätestens 1999 beweisen, dass sie bereit sind die Szene im Sturm zu erobern. Schon nach den ersten Tönen des Openers „Warheart“ fällt auf, dass die Musik um einiges dunkler klingt. Besonders Alexis Screams klingen bissiger, was den Kontrast zu den melodischen Gitarren und Keyboards noch zwingender macht. Auch die Produktion tönt ausgefeilter und lässt die Details der Musik (wilde Melodieschlachten usw.) noch besser zur Geltung kommen. Ein deutlicher Pluspunkt im Vergleich zum Debut ist außerdem, dass die Band schneller auf den Punkt kommt. Jeder Break, jede Melodie und jedes Riff wirken genau ausgetüftelt. Die Songs sind perfekt ineinander verzahnt, sodass keinerlei Längen aufkommen. Von den strafferen Arrangements profitieren besonders die Soli von Gitarre und Keyboard (ganz groß: Das letzte Drittel im Titeltrack), die auf diesem Album noch zwingender ausfallen als auf dem Debut und dabei für einige packende Wendungen innerhalb der Songs sorgen (u.a. nachzuhören in den „klassischen“ Intermezzi im ansonsten finster-gruseligen „Towards Dead End“). Mit „Downfall“ und „Silent Night, Bodom Night“ finden sich außerdem zwei der zehn Setlist-Dauerbrenner auf „Hatebreeder“ und spätestens seit diesem Album sind die Finnen bis heute Dauergast in nahezu jeder anständigen Metal-Playlist.


3. Follow The Reaper (2000)

Repräsentativ für alle Alben von CHILDREN OF BODOM muss hier mal festgehalten werden, dass der Sound der Finnen generell und eben speziell auch das Material auf „Follow The Reaper“ hervorragend gealtert ist. Auch nach über zwanzig Jahren lassen sich keinerlei Abnutzungserscheinungen erkennen. Vergleicht man den Sound der ersten drei Alben untereinander, aber „die Blaue“ eben auch mit den Nachfolgern fällt auf dass COB von Anfang an konsequent ihr Ding durchgezogen haben und ihr Material immer nur in Nuancen verändert haben. Mit „Follow The Reaper“ liefern die Herren aber einen Hochkaräter allererster Güte ab. Angefangen beim energischen Opener über den Mitgröl-Hit „Bodom After Midnight“ bis hin zum ersten richtig fetten Ausrufezeichen „Children of Decadence“: Hier wird aus allen Rohren gefeuert und jeder Song ist ein Volltreffer. „Every Time I Die“ nimmt dann erstmals das Tempo raus, was noch mehr Raum für die dunkle Atmosphäre schafft. Dazu gibt’s neben den packend arrangierten Keyboards (die glücklicherweise immer songdienlich eingesetzt werden anstatt mit aufdringlichem Geklimper zu nerven) einen Killer-Refrain vom Feinsten. Dass man aber im Grunde keinen Song repräsentativ herausgreifen kann zeigt dass Alexi Laiho und seine Mannen von Anfang an äußerst fähige Musiker und Songwriter waren die ganz genau wussten was sie wollten. Die wilden Melodieabfahrten und Soloduelle verkommen hier nie zum reinen Selbstzweck sondern stellen echte Bereicherungen für die jeweiligen Songs dar. Mit „Hate Me!“ gibt’s dann aber doch noch einen Song der ein wenig über allen anderen steht, wenn auch nur marginal. Aber das Ungezügelte der Riffs wird hier perfekt mit dem horroresken Keyboard verbunden. Und wenn die Wildheit in der letzten Bridge dem Headbang-Part weicht gibt’s endgültig kein Halten mehr. Eine richtig fette Hook sparen sich die Bodom-Kinder sogar fast bis zum Schluss auf: „Northern Comfort“ ist wieder eine Hymne zum mitgrölen, tritt trotzdem ordentlich Arsch und lässt die Flitzefinger-Qualitäten der Gitarristen nochmal deutlich zum Zuge kommen. Das W.A.S.P-Cover „Hellion“ schließt die Scheibe super ab und zeigt auch, dass sich COB immer einen gewissen Humor bewahrt haben. Das Öffnungsgeräusch der Bierdose als Break ist auch heute noch einen Lacher wert und passt super zur Attitüde der Band.


4. Hate Crew Deathroll (2003)

Nachdem auf den ersten drei Alben der Charakter von COB konsequent geschliffen wurde machen sie mit „Hate Crew Deathroll“ den nächsten logischen Schritt: Sie modernisieren ihren Sound gerade soweit, dass die Musik frisch und auch ein wenig anders klingt – bleiben ihrem Grundstil aber treu. Wo auf den Vorgängern noch ein deutlicher Black- und Symphonic Metal-Touch zum tragen kamen, böllert Album Nummer vier mit thrashiger Aggression drauflos. Dabei stechen einmal mehr die Songwritingqualitäten der Band hervor: Hier gibt’s keinen einzigen Hänger und was besonders gefällt: Keiner der Musiker muss sich vor irgendjemandem profilieren. Stattdessen fließt die Musik konsistent und konstant voran. Durch die leichte Korrektur im Sound kommen die diversen Soloduelle noch prägnanter zum tragen und klingen stellenweise noch abgefahrener als bisher. Das die Bodom-Kinder aber nicht durchgehend Vollgas geben müssen zeigen u.a. der geniale Midtempo-Stampfer „Angels don’t Kill“ und das massiv groovende „Sixpounder“, wobei vor allem ersterer als echtes Highlight durchgeht. Mit dem rasanten „Triple Corpse Hammerblow“ und dem grandios aggressiven Opener „Needled 24/7“ (bei dem die wenigen elektronischen Spielereien wunderbar songdienlich eingebaut werden) gelingen den Finnen zudem Jahrhundertklassiker die kein Fan mehr aus dem Kopf bekommt. Dass ein Titel wie „Lil‘ Bloodred Ridin‘ Hood“ dann sehr kompromisslos und bretthart drauflos holzt ist zudem ein witziges Gimmick (der Titel allein schürt ja nicht unbedingt eine allzu große Erwartungshaltung…). Mit dem abschließenden Titeltrack gibt’s dann nochmal so richtig auf die Zwölf. Härter klangen CHILDREN OF BODOM noch nie. Da passt die raue, rotzige Produktion der Scheibe sehr gut. Und dass das halbe Album Dauergast in jeder Live-Setlist wird spricht für die Qualität der Songs.


5. Are You Dead Yet? (2005)

Was mit „Hate Crew Deathroll“ begann findet 2005 seinen vorläufigen Höhepunkt. „Are You Dead Yet?“ ist noch kompromissloser, derber und scheppert dementsprechend rabiat. Die Produktion klingt eine Ecke dreckiger als zuvor was den Thrash-Anteil der Musik deutlicher hervortreten lässt. Auffallend ist auch dass das Material noch ein Stück songorientierter ausfällt als bisher. So werden die Soloschlachten von Gitarre und Keyboard auf ein Minimum reduziert, stattdessen regiert diesmal der Groove. Das schlägt sich in Nummern wie dem brettharten „In Your Face“ oder auch dem krachenden Titeltrack nieder. Dabei kommen weder einprägsame Hooks noch wilde Melodieabfahrten zu kurz, rücken aber etwas in den Hintergrund. Exemplarisch für die Verschmelzung von Brutalität und Virtuosität sei hier „Bastards of Bodom“ erwähnt. Die herausragenden Höhepunkte sind aber definitiv das schon erwähnte „In Your Face“, das derb groovende „Trashed, Lost And Strungout“, bei dem auch immer wieder abgefahrene Soli an Keyboard und Gitarre zum Einsatz kommen und der wahnsinnige Opener „Living Dead Beat“. Warum gerade der? Weil hier gleich am Anfang der Scheibe der folgende Weg aufgezeigt wird, ohne dass sich die Band im Folgenden wiederholt. Der Song hat alles was COB und auch dieses Album ausmacht. Virtuosität an den einzelnen Instrumenten (die Soli), brutalen Groove und fette Riffs. Außerdem fällt bereits hier auf, dass Alexi gesanglich noch mehr mit Extremen spielt. Die melodischen Screams klingen prägnanter, wobei das fiese Geschrei halt noch fieser als bisher klingt. Mit dem tonnenschweren Sound-Trauma „Punch Me I Bleed“ gibt’s zudem eine echte Überraschung die sich nach und nach zu einem Höhepunkt von „Are You Dead Yet?“ entwickelt, genauso wie sich das Album mit der Zeit als eines der stärksten der Bodom-Diskografie erwiesen hat.


6. Blooddrunk (2008)

Kann ein Album wie „Are You Dead Yet?“ überhaupt übertroffen werden? Im Fall von „Blooddrunk“ muss man ganz klar sagen: Nein, es hat nicht funktioniert. Dabei ist der dezente Rückschritt weg von der Aggression des Vorgängers wieder hin zu mehr Keyboards und mehr Melodien im Grunde gar nicht schlecht. Allerdings kommen CHILDREN OF BODOM diesmal nicht wirklich aus dem Quark, der Zündstoff fehlt irgendwie. Grundsätzlich muss man natürlich festhalten, dass die Instrumentalarbeit nach wie vor allererste Sahne ist und mit „Smile Pretty for the Devil“, „Done with Everything, Die for Nothing“ oder dem griffigen Headbanger „One Day you will cry“ finden sich sogar einige bockstarke Songs auf der Scheibe. Insgesamt fällt aber auf, dass das Album nicht im selben Maß mitreißen kann wie seine Vorgänger. Dafür fällt die Musik an manchen Stellen leider viel zu beliebig aus. Stellenweise hat man das Gefühl dass die Songs auf „Blooddrunk“ wie die B-Seiten von „Hatecrew Deathroll“ klingen. Das ist natürlich meckern auf sehr hohem Niveau, aber beispielsweise an eben jenem Album gemessen reiht sich „Blooddrunk“ nur in zweiter Reihe ein.


7. Relentless Reckless Forever (2011)

Irgendwie ist die Luft raus. Der Hörer kommt nicht umhin einige Längen und uninspirierte Momente auf diesem Album zu finden. Klar, handwerklich sind die Musiker immer noch über jeden Zweifel erhaben, wie sollte es auch anders sein, mit den Jahren wird man ja wohl kaum schlechter. Aber der Biss der vorherigen Alben fehlt irgendwie. Trotzdem schaffen es COB einige starke Momente auf „Relentless Reckless Forever“ zu platzieren. Da wären z.B. das griffige „Ugly“ das viel Druck macht, dabei aber vor allem im Refrain dem Keyboard genug Raum für eigene Akzente lässt. Das kantige „Cry of the Nihilist“ ist sogar ein echtes Highlight der Scheibe, es braucht aber einige Durchläufe bis sich die vielen Details voll erschließen. Im Vergleich mit den Vorgängeralben fällt auf, dass die Songs nochmal ein Stück moderner klingen und stellenweise sehr rotzig ausfallen. Exemplarisch sei hier „Was it worth it?“ genannt. Die Nummer ist sehr straight komponiert und haut auch direkt auf die Kacke, kann aber leider auch nicht in dem Maße mitreißen wie es die Musik bis zu „Are You Dead Yet?“ getan hat. Unterm Strich bleibt also ein solides Werk, das gemessen an den Nachfolgern und den ersten fünf Alben aber klar den Kürzeren zieht.


8. Halo Of Blood (2013)

„Halo Of Blood“ könnte man als kleines Comeback bezeichnen, denn das Album klingt eine ganze Ecke kantiger als seine beiden Vorgänger. Auch in Sachen Härte hat die Band wieder zugelegt, so deutliche Black Metal-Anleihen (inklusive drückender Blastbeats) wie im Titeltrack gabs schon lange nicht mehr. „Halo Of Blood“ ist aber kein plumber Rückschritt und auch keine rein nostalgische Angelegenheit. Ein Song wie „Scream For Silence“ sorgt mit bedächtigem Midtempo-Groove für Abwechslung und lässt dabei besonders den Gitarren viel Raum. Sicher, das ist im Großen und Ganzen nix wirklich neues. Aber das hat auch keiner ernsthaft erwartet, stattdessen ist es umso geiler mit welcher Frische und Energie die Songs wieder vorgetragen werden. „Transference“ beispielsweise ist ein genialer Nackenbrecher mit unwiderstehlichem Rhythmus. Das aber wohl beste Doppel des Albums gelingt den Finnen mit dem Hochgeschwindigkeitsgeschoss „Your Days Are Numbered“, das durch detailreiche Melodik besticht und der erhabenen „Ballade“ „Dead Man’s Hand On You“, bei der Alexi so ausdrucksstark wie lange nicht singt. Hier ist es vor allem die Stimmung die den Song zu einem der besten der jüngeren COB-Vergangenheit macht. Die Melancholie die in dem Song mitschwingt fügt dem Album nochmal eine andere, interessante Facette hinzu und macht die Nummer zu einem echten Highlight. Ähnliches gilt für „Damage Beyond Repair“ das thrashige Aggression mit Ohrwurmmelodien verbindet. Klar, bis auf wenige wirkliche Neuerungen klingen CHILDREN OF BODOM immer noch nach sich selbst, aber etwas anderes sollte man auch nicht erwarten (und keiner will es ernsthaft). „All Twisted“ und „Damaged Beyond Repair“ drücken das Gaspedal dann nochmal ordentlich durch und auch die Flitzefingermelodien und Riffs werden wieder mehr. Unterm Strich lässt sich also festhalten: CHILDREN OF BODOM haben mit „Halo Of Blood“ wieder in die Spur gefunden und können an die Qualität von „Are You Dead Yet?“ anknüpfen, wenn auch dieses Album und seine Vorgänger nicht getoppt werden, dennoch: Ein Highlight der späteren Bodom-Diskografie!


9. I Worship Chaos (2015)

„I Worship Chaos“ führt den späten Aufwärtstrend von COB fort. Im Vergleich zum Vorgänger fällt sofort auf, dass der Sound sehr trocken ausgefallen ist. Aber das passt sehr gut, lässt es die Songs doch um einiges direkter wirken. „I Hurt“ und „My Bodom (I Am The Only One)“ eröffnen das Album thrashig und aggressiv, wobei besonders „My Bodom“ knallt. „Morrigan“ geht dann als erstes richtiges Highlight durch. Groove, Melodien, Riffs: Alles wirkt perfekt verzahnt und auch Alexis Geschrei hat echte Ohrwurmqualitäten. Das brutale „Horns“ kann auch einiges, besonders das Riffing regt die Nackenmuskulatur an, allerdings könnten Fans der ersten Stunde spätestens jetzt die sonst so prägnanten Melodien und wilden Soli vermissen. Das ist der wohl größte Kritikpunkt an diesem Album: Das Material klingt manchem „alt“-Fan doch etwas zu gewollt auf hart getrimmt. Dass die klassischen Elemente sehr weit in den Hintergrund rücken bestärkt diese Annahme nochmal. Allerdings kommt der Hörer nicht umhin festzustellen, dass den Finnen eine weitere abwechslungsreiche Platte gelungen ist. Auch die eher experimentellen Stücke wie das schleppende „Prayer for the Afflicted“ haben ihren Reiz. Im Gegensatz dazu rauscht das maximal brutale Titelstück irgendwie einfach durch. Tut nicht weh, braucht aber auch keiner ernsthaft. Ganz anders: „Suicide Bomber“, da sind sie wieder die wilden Melodien und zündenden Grooves. Geile Nummer die besonders im Refrain echte Ohrwurmqualitäten entwickelt. „All For Nothing“ markiert dann ein dickes Ausrufezeichen: Klassische Pianoklänge, langsam reduzierter Groove, der aber ordentlich drückt und eine Hook die hängen bleibt. Hier kommen wirklich Emotionen rüber, was besonders in den Soli klasse gemacht ist. „Widdershins“ geht dann sogar als abschließendes Highlight durch. Es wird derber, schneller und auch wenn die Keys ziemlich weit im Hintergrund sind, bleiben sie doch tragendes Element und lockern die Härte ein wenig auf. Am Ende groovt die Band nochmal richtig brutal ehe „I Worship Chaos“ mit einem Rauschen endet.

Fazit:

Interessant was CHILDREN OF BODOM hier veranstalten. Dass das Album nicht jedem Fan schmeckt ist klar, aber die progressiven Ansätze wissen durchaus zu gefallen und zeigen dass sich die Band auch anno 2015 nicht zu schade ist Neues auszuprobieren. Unterm Strich ein solides Spätwerk mit einigen wirklich starken Höhepunkten.


10. Hexed (2019)

Mit „Halo Of Blood“ und „I Worship Chaos“ haben CHILDREN OF BODOM wieder in die Spur gefunden. „Hexed“ lässt sich aus heutiger Sicht als würdiger Schlusspunkt einer unterm Strich herausragenden Diskografie bezeichnen, auch wenn die mitreißende Energie die auf den beiden Vorgängern wieder aufkeimte leider nicht ganz erreicht wird. Allerdings gelingt der Band etwas anderes: Die Herren schaffen es ihrem einstigen „Rabauken-Image“ eine erwachsenere Ebene zu verpassen. Ob das der Grund für die etwas weniger offensichtliche Energie ist, darf natürlich diskutiert werden. Dass einige Songs eher durch die Hintertür kommen und den Hörer weniger direkt anspringen ist zwar etwas ungewohnt und ob das den Erwartungen an ein CHILDREN OF BODOM-Album gerecht wird ist auch streitbar, allerdings reiht sich „Hexed“ doch relativ passend in die Riege der starken Alben der jüngeren Bandvergangenheit ein. Songs wie „Kick In A Spleen“ oder der rasante Titeltrack können vollends überzeugen und haben alles was die Band auszeichnet: Wilde Gitarrenabfahrten, harte Grooves und akzentuierte Keyboards. Auch stimmlich hat Alexi nichts eingebüßt und klingt angepisst wie eh und je. Mit „Say Never Look Back“ schütteln sich die Musiker sogar noch ein echtes Highlight aus den Ärmeln. Die Riffs, die Melodien und auch die Keyboard-Akzente werden beinahe auf dem Niveau der stärksten Alben der Band verzahnt. Ähnliches gilt auch für „Hecates Nightmare“ das die Headbang-Qualitäten voll ausspielt. Der Fokus liegt klar auf dem Groove und doch sind da immer wieder diese geilen Twin-Melodien und Soli welche die instrumentale Klasse aufblitzen lassen. Im Grunde lässt sich „Hexed“ als würdiger Schlusspunkt einer Überfliegerband bezeichnen, die erkannt hat dass sie niemandem mehr etwas beweisen muss. Diese Erkenntnis könnte man rückblickend auch als ultimativen letzten Akt einer durchweg beeindruckenden Karriere verstehen.

Dominik Maier


Wenn Kunst das Leben ist oder warum das Ende des eigenen Werks auch den Tod bedeuten kann

Ein Gedankenspiel

Führt man sich vor Augen, dass Alexi Laiho und seine Mitmusiker zum Zeitpunkt ihrer ersten Veröffentlichung gerade mal volljährig oder sogar noch jünger sind, ist es umso beeindruckender auf welchem Niveau sich die Band damals bereits befindet. Dass dieses Niveau im Grunde niemals wirklich unterschritten wurde zeugt umso mehr davon, dass die Band von Anfang an genau weiß was sie will und ihre musikalische Vision konsequent verfolgt. Dass es CHILDREN OF BODOM zudem geschafft haben sich vom Debut bis zu „Are You Dead Yet“ kontinuierlich und eben auch konsequent zu steigern lässt einen dann schon staunen. Vor allem weil die Band sich immer ihren Charakter und Signiture-Sound bewahrt hat. Bei jedem Album, aber auch bei den einzelnen Songs ist sofort erkennbar wer hier spielt. Vor diesem Hintergrund ist es umso trauriger, dass sich die Band nach „Hexed“ aufgrund von Unstimmigkeiten auflöst. Betrachtet man die folgenden Ambitionen von Alexi mit Bodom After Midnight nochmal Vollgas zu geben und seinen plötzlichen Tod relativ kurz nach diesem Neuanfang, kommt irgendwann unweigerlich die Frage auf ob der Musiker nicht auch ein Stück weit an gebrochenem Herzen gestorben ist. Denn auch wenn es esoterisch klingen mag, COB waren seit seiner Jugend sein Leben. Und wenn einem das Leben abrupt unter den Füßen weggezogen wird kann das unvorhersehbare Konsequenzen haben, die man vielleicht auch selbst nie ganz erfassen kann.

Dominik Maier

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