Lorna Shore – Pain Remains

Wird „Pain Remains“ dem jüngsten Hype um Lorna Shore gerecht? Zumindest muss nach den ersten Durchläufen klar konstatiert werden: Frontmann Will Ramos ist ein stimmliches Ausnahmetalent. Das ist aber nur die halbe Miete, es ist auch das beeindruckende Gespür der Band für cineastische Inszenierung, die das Album zu einem Wegweiser für eine ganze Szene gedeihen lassen könnte. Das Ergebnis könnte gut und gerne als „Symphonic Deathcore“ betitelt werden. Aber Schubladen sind Zwang und Zwang ist der Kunst nie zuträglich. Ob dieser Gedanke auch ein Credo für dieses Album war? Möglich, denn Lorna Shore scheuen weder atmosphärische Zwischenspiele, noch Chöre und melancholische Orchestrierung. Nichtsdestotrotz ist der Kern der Band nach wie vor Deathcore oder wenigstens präzise musikalische Brutalität. Diese Kombination hat zur Folge, dass „Pain Remains“ eine wahnwitzigen Tour de Force geworden ist. „I’ll touch the Sun“ geifert Will Ramos in „Sun//Eater“, das als erste Single gleichsam repräsentativ für den aktuellen Stil von Lorna Shore ist, wie es auch etwas von Aufstieg und Fall eines Lebens hat. Nicht die einzige Parallele zum tagtäglichen Wahnsinn der uns umgibt. Die Faszination dieses Albums liegt aber weniger in Einzelheiten, als vielmehr im Gesamteindruck, der den Hörer regelrecht erschlägt. Schwärzeste Ablehnung trifft auf emotionale Tiefe, die trotz der vielen Schichten aus u.a. Orchester, detailverliebtem, aber präzise-tödlichem Riffing und Schlagbolzengrooves nie verloren geht. Dass das Album darüber hinaus vom ersten Ton an im Ohr sitzt und dort eine ganze Zeit lang herumspukt, bevor es zügig ins Herz sickert, zeigt, dass Lorna Shore dem Hype um sie durchaus gerecht werden und in dieser Konstellation endlich die Ausnahmeband geworden sind, als die sie in gewissen Kreisen schon lange gehandelt werden.
Dominik Maier