Ibaraki – Rashomon

Was einst als Black Metal-Projekt angekündigt wurde, ist über die Jahre zu etwas gediehen, das jetzt so viel mehr ist. Im Grunde ist es sogar weit entfernt vom Kerngedanken des Genres. Denn auf „Rashomon“ wird weder Satan gehuldigt, noch finden sich genre-typische Elemente. Vielmehr erschaffen Matt Heafy und sein Songwriting-Partner Ishahn ein komplexes Soundgebräu, das progressiven Metal der härtesten Sorte mit traditionell japanischen Instrumenten verbindet und auch nicht vor Videospiel-Sounds zurückschreckt. Wie um diese unkonventionellen Ansätze zu unterstreichen findet sich neben szenebekannten Namen wie u.a. Nergal, auch My Chemical Romance-Sänger Jerard Way auf der Gästeliste. Die selbsternannte Szene-Elite steht also vor einer Herausforderung…Aber Ibaraki wollen nicht bequem sein. Dementsprechend klingt nichts an der Musik konventionell. Sporadische Orchestrierungen und Bläser-Einsätze sind genauso essenziell wie andächtige Momente, in denen Streicher zusammen mit Matts Klargesang eine bittersüße Stimmung erzeugen, bevor plötzlich aberwitzige Raserei losbricht (u.a. „Jigoku Dayu“). Mit Songs wie „Akumu“ finden sich aber auch abgründige Momente auf „Rashomon“. Hier sorgt Nergal mit polnischem Gesang für eine rabenschwarze Note, wobei die Musik kaum greifbar ist. Die Verzweiflung von „Komorebi“ geht danach unter die Haut und findet ihren Zenit im emotionalen Gitarrensolo von Matts Trivium-Kollege Corey Beaulieu. Und dann: „Ronin“. Die klanggewordene Zerstörung der menschlichen Psyche…zumindest wirkt es so. Dass ausgerechnet hier zuvor erwähnter Gerard Way alle Screams übernommen hat, überrascht dann doch. Denn der Kerl liefert eine extrem krankhafte Vorstellung ab. „Susanoo No Mikoto“ klingt dagegen ungleich eingängiger, was auch wieder überrascht, gibt sich hier doch Ishahn mit einem Gastspiel die Ehre. Gegen Ende des Songs zeigen die Beteiligten aber doch noch, dass sie das Spiel mit Polyrhythmen und gegenläufigen Melodien blind beherrschen. „Hakanaki Hitsuzen“ und „Kaizoku“ bilden außerdem eine stimmige Klammer für „Rashomon“ und pendeln zwischen Shanty-Seemannsromantik und gespenstischem Flair. In Anbetracht des künstlerischen Mutes den die Musiker hier beweisen, muss man regelrecht gespannt sein wo die weitere Reise von Ibaraki hingeht.
Dominik Maier