Die 2010er: 10 Jahre-10 Alben Teil 5

Egal ob klassischer Heavy Metal, symphonische Töne oder leicht verschrobene Eigenbrötler-Musik, Teil 5 liefert von allem ein bisschen was.


01. Wintersun – Time I (2012)

„Wintersun“ wurde 2004 zu recht von Fans und Presse abgefeiert. Der Nachfolger lies dann aber acht Jahre auf sich warten. Die lange Wartezeit und diverse Ankündigungen aus dem Lager der Band ließen die Erwartungen in utopische Höhen schnellen, so dass ein Scheitern vor diesen immens hohen (selbst kreierten) Erwartungen bis zu einem gewissen Grad zu erwarten war. Die gefühlt ewig währende Pause hat aber auch zur Folge, dass man „Time I“ ein Stück weit losgelöst vom Debut betrachten muss. Schließlich bleibt niemand acht Jahre auf dem selben Punkt stehen. Davon zeugt bereits die cineastische Ouvertüre „When Time Fades Away“, die mit fernöstlichen Klängen eine gewisse Weite entstehen lässt. Schon dieser Einstieg ist bis ins kleinste Detail perfektioniert und erzeugt eine dichte Spannung die sich in „Sons of Winter and Stars“ explosionsartig entlädt. Bei glasklarem Sound zeigt die Band, dass sie kompositorisch zu den Meistern ihres Fachs gehört. Orchestraler Bombast vereint sich mit dramatischem Gesang der in seiner Variabilität beinahe Musicalcharakter hat. Dabei kommt aber der Metal-Anteil nicht zu kurz und besonders der Refrain zum Ende vereint treibende Grooves und hartes Riffing mit verspielter Melodik, sowie großartige Chöre mit harten Screams. Schon dieser Opener erschlägt beinahe mit seiner Fülle an Details. Aber es geht weiter, und wie! „Land of Snow and Sorrow“ kommt zwar etwas gediegener daher, baut sich aber derart dramatisch auf, dass es eine Wucht ist. Das Orchester unterstützt diese Dramaturgie, und setzt den federführenden Gesang packend in Szene. Dabei klingt der Song derart epochal, dass man hier mehrere Ohrwürmer in einem Song vereint wähnt. Die etwas melancholischere Grundstimmung liefert eine weitere Etappe auf der Reise durch dieses Album und der Gesang im Refrain ist über jeden Zweifel erhaben. Fantastisch! „Darkness and Frost“ klingt asiatisch inspiriert und bietet schmeichelnde Melodien, die in das erste Hauptmotiv von „Time“ übergehen. Und der Titeltrack ist dann tatsächlich der alles überstrahlende Opus dieser Scheibe. Wirkt das ganze Album wie ein dramatisch inszeniertes Schauspiel treibt „Time“ alles bisher da gewesene auf die Spitze. Dramaturgie, Vielfalt, scheinbare musikalische Gegensätze, hier ist alles da. Dabei klingt der Song (im Kontext des Albums) tatsächlich nicht überladen sondern hat einen relativ klar erkennbaren Spannungsbogen, der immer wieder in diverse Höhepunkte ausbricht. Ein spannender und turbulenter Ritt durch Zeit.

Fazit:

„Time I“ lässt sich kaum mit dem Debut vergleichen. Die kompakte Perfektion des Stils der ersten Scheibe bleibt klar unerreicht. Mit „Time I“ geht die Band den einzig richtigen Schritt hin zu neuen Wegen, verliert aber ihren Ursprung nicht komplett aus den Augen. Von daher: Hammeralbum!


02. Nightwish – Endless Forms Most Beautiful (2015)

Der Einstieg von Floor Jansen scheint auch Chefdenker Tuomas Holopainen einen Kreativitätsschub beschert zu haben. Auf “Endless Forms Most Beautiful” (einem Konzeptalbum das die Evolution als Grundthematik hat) zementieren Nightwish ihren Status als Anführer der Symphonic Metal Szene. Die “Neue” macht einen hammermäßigen Job und es wirkt als wäre sie schon immer Teil der Band (tatsächlich war sie im Vorfeld bereits ausgiebig auf Tour mit an Bord). Wie von Nightwish nicht anders zu erwarten wirkt das Album zunächst schier übermächtig in seiner Opulenz und Dramatik. Nach ein paar Durchläufen lassen sich aber immer mehr Details entdecken die das Album packend gestalten. Beeindruckend ist nach wie vor die perfekte Balance aus Härte und Zartheit. Dabei gelingen der Band einige tolle Ohrwürmer, die auch immer wieder in kitschige Gefilde führen. Der Clou ist, dass Nightwish nicht mehr in erster Linie auf massenkompatible Hooks o.ä. setzen. Stattdessen sind die Songs im Vergleich zu früheren Werken um einiges komplexer gestaltet. Das hält den Sound angenehm frisch. Davon abgesehen sprudelt die Band vor Kreativität und serviert einige echte Knaller!. Allen voran das Abschlussepos “The Greatest Show on Earth” das mit 24 Minuten Länge jegliche Kategorisierung hinter sich lässt. Hier verschmelzen orchestrale Dramatik und metallische Sounds zu einer Einheit in der das eine das andere bedingt. Thematisch verarbeiten Nightwish den Verlauf der Evolution, angefangen beim Einzeller bis hin zu einer möglichen Zukunft der Menschheit. Die vielen kleinen Einspieler u.a. Tiergeräusche etc. sorgen für eine tolle Dramaturgie. Das Highlight ist aber Floor Jansens Gesang. Die Dame klingt fantastisch und coloriert die energischen Parts des Songs genauso perfekt wie sie sich von der zerbrechlichen Seite zeigt. Egal was der Song benötigt, Floor setzt es ideal um. Diese Feststellung gilt ziemlich genau so für das restliche Material des Albums. Egal ob “Our Decades in the Sun” die sanfte Seite der Musik in den Vordergrund stellt oder ob “Élan” geradlinig ins Ohr geht, Floor macht einen fantastischen Job. Das gilt auch für die vergleichsweise harten Brecher “Weak Fantasy” und “Yours in an empty Hope” in denen sie ziemlich bissig klingt. Besonders letztgenannte Nummer ist eine kleine Überraschung. Im Refrain gibt’s sogar einige Growls, was die Stimmung ungemein düster macht. Der Vollständigkeit halber sei hier auch nochmal erwähnt, dass natürlich keiner in der Band etwas anbrennen lässt. Marco Hietalas Gesänge sitzen wie eh und je und instrumental sind Nightwish sowieso über jeden Zweifel erhaben. Insofern bleibt nur den Hut zu ziehen vor diesem tollen Einstand für Floor Jansen und einem stellenweise sehr mutigen Album für die Band. Chapeau!


03. Avantasia – Ghostlights (2016)

Avantasia-Alben haben etwas cineastisches. Es gibt immer ein packendes Konzept zu dem die Musik wie ein Soundtrack anmutet. Das gilt auch für “Ghostlights”. Tobias Sammet schart auch diesmal einen Haufen hochkarätiger Gäste um sich. “Mystery of a Blood Red Rose” singt der Meister aber erstmal alleine und gibt die grobe Richtung des Albums vor. Dynamischer Aufbau, packende Harmonien, traumhafte Melodien. Die Nummer pendelt gekonnt zwischen Metal und Pomp und zeigt die Qualitäten des Projekts wunderbar auf. “Let the Storm Descend upon you” ist ganz großes Kino! In über zwölf Minuten brillieren alle bekannten Stimmen, aber besonders Jorn Lande singt seine Mitstreiter beinahe mühelos an die Wand. Was für eine Energie der Mann hier freisetzt ist schlicht brillant (was nicht heißen soll dass seine Mitstreiter schlecht singen, ganz im Gegenteil). Dee Snider verleiht dem märchenhaften “The Haunting” eine etwas düstere Stimmung. Der Song klingt ein bisschen wie ein schriller Disneyfilm a la Alice im Wunderland und wird von einem energischen Refrain getragen. “Seduction of Decay” ist ein Bombast-Stampfer und präsentiert mit Geoff Tate einen weiteren Hochkaräter als Gast. Der Titeltrack drückt dann aufs Gas und erinnert einige male an Halloween, was natürlich auch an den Vocals von Michael Kiske liegt. “Draconian Love” hat was von einer Dark Rock/Gothic-Nummer. Hier überrascht besonders der tiefe Gesang von Herbie Langhans der anfangs fast an HIMs Ville Valo erinnert. Im Refrain ergänzen sich diese Tiefen aber perfekt mit Tobi’s Stimme und machen den Song zu einem echten Highlight! Langsam und zäh baut sich “Master of the Pendulum” auf, ehe sich speediger Power Metal Bahn bricht. Dazu passt Marco Hietala natürlich wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge, spaßiges Teil! DAS Highlight des Albums ist allerdings “Isle of Evermore” (vorausgesetzt man steht auf Balladen). Gemeinsam mit Sharon den Adel zaubert der Mainman eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken des Hörers und findet die perfekte Balance aus Melancholie und tröstlichem Blick in die Zukunft. “Babylon Vampyres” erinnert an Edguy und geht ziemlich in die Vollen. Straighter Power-Stoff und die Gitarrensoli sind der Hammer! “Lucifer” ist dann die zweite Sternstunde für Jorn Lande. Zu balladesken Tönen klingt er schlichtweg fantastisch und als der Song Fahrt aufnimmt zeigt sich einmal mehr dass der Herr gefühlt alles was im Symphonic-/Power Metal Bereich unterwegs ist mühelos meistern kann (was nicht heißen soll, das Tobi dagegen abstinkt). “Unchain the Light” ist dann Power Metal in Perfektion. Schnelle Gitarren, fetter Groove. Im Refrain glänzt vor allem Michael Kiske mit glasklaren Höhen denen die rauchige Stimme von Ronnie Atkins in den Strophen einen tollen Kontrast entgegensetzt. Herr Sammet klingt dabei gewissermaßen wie ein Bindeglied zwischen seinen beiden Mitstreitern und macht das Ding rund. Sehr schön! Avantasia wären aber nicht Avantasia ohne eine gehörige Portion Kitsch. Dafür ist diesmal der Rausschmeißer “A Restless Heart and Obsidian Skies” zuständig. Der Song versprüht gute Laune und hat wieder was von einer Disney-Geschichte (einer sehr opulenten und beeindruckenden, zugegeben). Wer passt da besser als Magnums Märchenonkel Bob Catley um dieses großartige Album zu einem würdigen Abschluss zu bringen? Avantasia haben einmal mehr überzeugend abgeliefert und schicken den Hörer auf eine fantastische Reise!


04. Within Temptation – Hydra (2014)

Die Hydra, das mehrköpfige Ungeheuer aus der griechischen Mythologie passt tatsächlich sehr gut um Within Temptations Stil anno 2014 zu beschreiben. Das Album vermengt die Kernelemente der Vergangenheit mit dem Pop von “The Unforgiving”. Das Ergebnis ist nach wie vor eines der besten Alben der Band das mit Hits gespickt ist, allen voran die wohl ungewöhnlichste Kombo der Bandgeschichte: Das Xzibit-Feature „And We Run“. Skepsis war anfangs durchaus angebracht, doch wenn eine solchen Kombo einen Hit von diesem Kaliber liefert, bitte mehr davon. Abgesehen vom genialen Chorus lebt der Song vor allem von seinen Gegensätzen: Sharons elfenhafter Gesang der auf die dunkle, energische Stimme des Rappers trifft. Der reduzierte Anfang sorgt für einen super Spannungsbogen der bis zum fantastischen Finale immer weiter ausgereizt wird. Doch die anderen Feature-Gäste des Albums müssen sich dahinter nicht verstecken. „Paradise (What about us?)“, das Duett mit Tarja Turunen ist der feuchte Traum eines jeden Gothic Metal Fans. Zwar kommt die Nummer relativ rockig und verhältnismäßig unsymphonisch daher, rückt so aber die beiden Sängerinnen mehr in den Vordergrund. Und dann ist da noch der Uptempo Kracher „Dangerous“ bei dem Light The Torch-Sänger Howard Jones mit von der Partie ist. Wieder harmonieren die Stimmen perfekt und machen den Track zu einem echten Ohrwurm. In diese Kategorie fällt auch der Opener „Let Us Burn“. Beginnt der Song zunächst ruhig steigert er sich immer weiter ehe der Refrain explosionsartig zündet. Die Dramaturgie ist perfekt ausgestaltet und ergibt einen weiteren Signiture-Track der Band. Mit „Edge of the World“ wird es erstmals balladesk. Doch der tolle Spannungsbogen lässt den Song nicht in die Kitschfalle tappen. „Silver Moonlight“ klingt dagegen heftiger. Im Refrain gibt’s sogar ein paar Growls. Das macht Spaß und klingt stellenweise wie eine Verneigung vor der eigenen Vergangenheit. „Covered by Roses“ ist zwar nicht sonderlich innovativ, frisst sich aber auf ewig ins Langzeitgedächtnis und besonders der dramatische Mittelteil ist toll. „Dog Days“ drückt danach tatsächlich etwas auf die Tränendrüse. Bei aller Epik (unterstützt durch Streicher, Keyboards u.ä.) bleibt der Song aber packend was besonders an Sharons Gesang liegt. Auch „Tell me why“ zitiert ein Stück weit die eigene Vergangenheit. Der Groove hat Power, das Riffing ist fett und Sharon macht was sie am besten kann und singt wunderbar energisch. „The whole World is watching“ mit Dave Pirner wühlt dann nochmal tief in der Kitsch-Kiste. Hier wird großartige (!) Popmusik mit der Dramaturgie des Gothic aufgepeppt. Das Ergebnis ist ein Song mit Suchtpotenzial der dieses scheuklappenfreie Album perfekt abschließt.


05. Iced Earth – Dystopia (2011)

Zwar sind alle drei bisherigen Alben mit Stu Block am Mikro nicht von schlechten Eltern doch „Dystopia“ hat den “Wow-Effekt” des Frontmannwechsels am stärksten auf seiner Seite. Dabei waren alle bisherigen Stimmen von Iced Earth starke Sänger und haben superbe Alben veredelt. Trotzdem gilt Matt Barlow für viele Fans als DIE Stimme der Band. Sein Nachfolger hat auf seinem Debut einen kleinen Coup vollbracht. Er schafft es sowohl die alteingessenen Fans zu überzeugen als auch seinen eigenen, unverkennbaren Charakter in die Band zu bringen. So wirkt „Dystopia“ frisch wie lange nicht und auch Schaffers Kreativität scheint überzusprudeln. Das zeigt u.a. der Titeltrack, der stellenweise Judas Priest zitiert, aber trotzdem immer unverkennbar nach Iced Earth klingt. Schaffers typisches Riffing ist allgegenwärtig und Stu Block überzeugt vom ersten Ton an. Neben hohen Schreien glänzt der Mann auch in den mittleren Tonlagen und es klingt tatsächlich so als hätte diese Band nie einen anderen Fronter gehabt. Mit „Anthem“ gibt’s im Anschluss einen Ohrwurm mit fetten Widerhaken. Eine Hymne die sich schleppend und schwer voran schiebt, dabei aber immer intensiver wird. In „Boiling Point“ wird das Gaspedal dann aber bis zum Anschlag durchgetreten. Die Band klingt richtig bissig und gesanglich zeigt Stu Block seine komplette Bandbreite von vollen Tiefen bis zu Falsett-artigen Screams. Hammer! „Anguish of Youth“ bietet zwar genau wie „V“ wenig Neues, beide Songs sind aber absolute Hymnen und Dauermieter im Langzeitgedächtnis. Besonders „V“ begeistert mit einer heroischen Note und ist ein echter Headbanger. Und dann: „Dark City“. Anfangs lugen Iron Maiden etwas um die Ecke, dann wird die Nummer zu einem harten Nackenbrecher. Tolle Gitarrenarbeit, die hinten raus zu einem Riffinferno wird, wie man es von Iced Earth kennt und liebt. „Equilibrium“ fällt danach in die Kategorie „altes perfektioniert“. Tolle Riffs, Melodien die schnell hängen bleiben und ein passender Spannungsbogen. Auch die Gitarrensoli sind angenehm knapp und so eine echte Bereicherung. Stu Block zeigt was er kann und singt hymnenhaft und tief, schreit aber auch mal spitz. Das wütende „Days of Rage“ rifft richtig heftig und die Hook hat ein cooles Bassmotiv. Hier werden die Nackenmuskeln ordentlich strapaziert! Mit „End of Innocence“ gibt’s dann eine packende Halbballade und gesangliche Sternstunde. Nicht nur der Refrain sorgt für einen packenden Ohrwurm mit äußerst solidem Unterbau. In „Tragedy and Triumph“ lugen Iron Maiden nochmal deutlich um die Ecke. Das Riffing ist NWOBHM in Reinform, dabei klingt der Song trotzdem unverkennbar nach Iced Earth und beendet „Dystopia“ in mitreißendem Galopp. Unterm Strich bleibt ein wirklich starkes Album, das den dritten Frühling der Amis amtlich einläuten konnte.


06. Black Sabbath – 13 (2013)

Auch wenn die Doom-Urväter mittlerweile Geschichte sind, ihr Erbe und ihr Einfluss auf die Szene sind auf ewig in Stein gemeißelt. Die Diskografie der Herren ist mit Klassikern gespickt und mit “13” haben Black Sabbath sowohl ein superbes Comeback als auch ein würdiges Finalalbum abgeliefert. Die Scheibe trieft vor Selbstzitaten und das ist gut so! Black Sabbath haben diesen Stil schließlich erfunden! “End of the Beginning” eröffnet das Album im typischen Stil. Dunkel und langsam steigert sich die Nummer auf ihren Mittelteil hin. Gänsehaut pur! Ozzy klingt derart stark, dass man meinen könnte die Band sei nie weg gewesen. Iommis Riffs und Melodien sind 1a. Manche Stimmen behaupten nach wie vor das im Vorfeld veröffentlichte “God Is Dead?” sei ein Stinker. Dem muss ich entschieden widersprechen: Mit minimalen Mitteln wird hier Hochspannung erzeugt und der Gesang sorgt genau für die richtige Portion Verschrobenheit die Ozzy und eben auch Black Sabbath ein Stück weit auszeichnen. ABER: Die Highlights kommen tatsächlich erst weiter hinten. Mit “Loner” wird’s erstmal klassisch und straight bevor “Zeitgeist”, eine psychedelische Ballade für Gänsehaut sorgt. Alleine dieses Epos relativiert jeden irgendwie-gearteten Vorwurf die Band hätte es nicht mehr drauf. Hammer! “Age of Reason” ist dann wieder feinster Doom-Stoff und gefällt mit klassischem Sound in modernem Gewand. Dagegen klingt “Live Forever” wieder straighter und ist auch zeitlich knapper. Sofort nickt der Kopf im Takt und der Refrain geht ähnlich schnell ins Ohr. “Damaged Soul” vereint die klassische Schwere mit den bluesigen Wurzeln der Band (besonders in Iommis Soloausflügen). Da darf natürlich auch die Mundharmonika nicht fehlen, die den Song angenehm frisch klingen lässt. Nachdem Groove, Riffs und Gesang nochmal alle Charakteristika der Band auffahren endet “Dear Father” mit dem selben Donnergrollen das zu Anfang des selbstbetitelten Meilensteins ertönte. So schließt sich der Kreis einer Karriere, der mit “13” ein würdiges Abschlussepos verpasst wurde.


07. Iron Maiden – The Book of Souls (2015)

“The Final Frontier” erweckte 2010 eine gewisse Ahnung von Abschied. Umso schöner dass Iron Maiden fünf Jahre später mit einem ihrer besten Alben seit langem aus dem Quark kamen. “The Book of Souls” präsentiert die Eisernen Jungfrauen in bestechender Form und ist mit 92 Minuten auf zwei CDs randvoll gepackt. “If Eternity Should Fail” eröffnet das Album mit frischer Energie und kompositorischer Klasse welche die letzten Alben locker in den Sack steckt. Prägnantes Bassspiel, tolle Melodien, die den leicht progressiven Strukturen Frische einhauchen und Bruce Dickinson singt so gut wie seit Jahren nicht. Mit “Speed of Light” folgt ein vergleichsweise kurzer, knackiger Ohrwurm. Anfangs klingt der Gesang etwas gepresst, aber das ist nach zwei, drei Durchläufen vergessen. Mit seinem mystischen Intro weiß “The Great Unknown” anfangs richtig zu gefallen: Cooler, leicht progressiver Aufbau und der Refrain zündet schnell. Allerdings könnten manchem Maniac die Höhen im Gesang zu gewollt ausgereizt klingen. “The Red and the Black” ist dafür ein kleines Meisterwerk. Galoppierende Riffs und Melodien gehen sofort ins Ohr. Dickinson klingt fantastisch (hier passt auch das vermeintlich Gepresste in seiner Stimme, verleiht es dem progressiven Song doch eine coole, eigene Note). In über dreizehn Minuten ist natürlich viel Spielraum für Details, Wendungen und Schlenker (Streicher lassen den Song z.B. sehr voll wirken), die aber immer im Fluss der Musik bleiben. “When the River runs deep” ist ein flotter Ohrwurm. Nicht nur gesanglich, auch was die Gitarren und den Aufbau angeht gelingt der Band eine Punktlandung. Der monströse Titeltrack beendet den ersten Teil von “The Book of Souls” und wirkt gewissermaßen wie das Verbindungselement zwischen den übrigen Songs. Der mystische Charakter, der durch diverse Vertracktheiten entsteht, der geniale Gesang und die tolle Melodieführung sorgen für einen weiteren Volltreffer. Das schnörkellose “Death or Glory” erinnert an vergangene Hits, kann aber mit den mitreißenden Elementen von Nummern wie “Shadows of the Valley” oder “Tears of a Clown” nicht ganz mithalten. Letzteres packt in fünf Minuten so viele Facetten (u.a. tolle Melodieabfahrten), dass man sich kurz fragt warum manche Songs derart gestreckt wurden. Hier stimmt alles: Dramatischer Gesang, der nicht kitschig klingt, variables Riffing und dichte Atmosphäre. Auch das melancholische “The Man of Sorrows” überzeugt. Dickinson singt fantastisch und führt als Erzähler durch den Song, der ab der zweiten Hälfte richtig progressiv wird. Das nimmt ihm aber leider etwas den Drive. Danach entpuppt sich “Empire of the Clouds” als Glanzstück des Albums, getreu dem Motto: Das Beste kommt zum Schluss. In epischen 18 Minuten werden Progrock, Gänsehautmelodien von Streichern und Klavier und der typische Maiden-Sound zu einem ansprechenden Stück Musik vermengt. Tolle Dramaturgie, man hängt gebannt an Dickinsons Lippen, der eindrucksvoll und emotional durch den Song führt. Kopfkino und Gänsehaut sind garantiert. Diese Nummer entschädigt für jeden kleinen Durchhänger von “The Book of Souls”, wenn nicht sogar für sehr viel mehr das in der jüngeren Vergangenheit musikalisch bemängelt wurde. Unterm Strich bleibt ein sehr gutes Album und spätes Karrierehighlight.


08. Sabaton – Carolus Rex (2012)

Was macht denn diese Kitsch-Kacke in so einer Liste? Ich kann die Hater förmlich im Dreieck springen sehen (jedenfalls die, die es sich zur Aufgabe gemacht haben alles was mit den Schweden zu tun hat partout schlecht zu reden). Euch sei gleich mal gesagt: Ja Sabaton-Songs bleiben sofort im Ohr. Ja, Sabaton-Songs sind nicht das technisch anspruchsvollste Ouvre der Szene und ja, die Kombination mit geschichtlich relevanter Kriegsthematik ist ein diskutables Thema. ABER: Es gibt kein einziges Album der Schweden das nicht mindestens einen Hit an Bord hat, die meisten Dreher sind sogar randvoll mit Ohrwürmern. Damit währen wir bei “Carolus Rex”, das 2012 den Höhepunkt der Diskografie der Herren markierte (und leider bis heute nicht getoppt wurde). Das Konzeptalbum über das schwedische Reich in den Jahren 1561-1721 und speziell über König Karl XII. ist randvoll mit Hits. Dass dabei mehr denn je auf Tempovariationen gesetzt wird macht die Scheibe sogar zum bisher packendsten Werk der Band. Mit “The Lion from the North” startet die Scheibe zwar standesgemäß im Uptempobereich, doch schon “Gott mit uns” packt fette Grooves und Hooklines aus. Gemischt mit tollen Melodien ergibt sich ein Song der sofort zündet und zu einem Dauerbrenner im Live-Set der Schweden wurde. Richtig pathetisch kommt dagegen das getragene “A Lifetime at War” daher. Orchestrierung und bombastische Chöre machen den Song richtig fett. Dabei klingt die Musik aber nicht zu geradlinig und hat einige tolle kompositorische Details zu bieten. Ganz stark! “1648” ist dann wieder ein fetziger Uptempo-Headbanger auf den mit “The Carolean’s Prayer” ein fast melancholisches Stück folgt. Es wird wieder groovebetonter und der Fokus liegt noch mehr auf dem Gesang. Kurz: Der nächste sichere Ohrwurm. Dabei trieft der Song vor Pathos, ist aber eben deshalb so packend. Der Titeltrack degradiert dann fast alles bisher zu bloßem Vorgeplänkel. Mächtiger Groove, fette Chöre und eine Hookline die man einfach mitsingen muss. Dieser Song ist nach wie vor eine der großen Sternstunden der Band (und vor allem live immer eine sichere Bank!) “Killing Ground” beginnt wieder schneller und gefällt sofort dank seiner Gitarrenarbeit. Mancher mag sogar einige Kniffe von Iron Maiden heraus hören. Tolle Melodien, fantastische Hookline und besonders die mittige Bridge begeistert! “Poltava” vereint dann die Headbangerqualitäten der schnellen Nummern mit dem Druck und Groove des Titelstücks, was den nächsten Ohrwurm hervorbringt. “Long live the King” fährt dann das ganz große Drama auf. Den Song könnte man auch als Power-Ballade bezeichnen, besingt Joakim Broden doch den Tod des Königs in einer ergreifenden, schweren Nummer. Dabei gibt’s viel Bombast inkl. Streichern und einem coolen Gitarrensolo gegen Ende des Songs. “Ruina Imperii” tritt dann in die Fußstapfen von “The Art of War” und ist ein Gänsehaut-Hit der Extraklasse. Zu schwedischem Gesang stampft mächtiger Groove aus den Boxen und wird von dicken Chören aufgepeppt. Was für ein geiler Abschluss!


09. Battle Beast – Battle Beast (2013)

Kitsch die zweite: Battle Beast dürften Puristen ein ähnlicher Dorn im Auge sein wie Sabaton und genau wie die Schweden haben die Finnen hier völlig zu Recht einen Platz. Klar, der keyboardlastige Sound hat eine gewisse Pop-Affinität und ja: Daraus ergeben sich Ohrwürmer en masse. Und die werden dermaßen tight gezockt, dass diese Scheibe immer wieder Spaß macht. Das Debut von Frontsängerin Noora Luhimo ist ein Knaller und die Lady überzeugt vom ersten Ton an. Im Vergleich zum Vorgänger sind die Keyboards nochmal deutlich in den Vordergrund gerückt, was die Powerröhre der Dame aber sehr schön ergänzt. „Let it Roar“ ist ein perfekter Einstieg, drückt ordentlich auf die Tube und geizt nicht mit Keyboards. Man weiß also sofort was man bekommt. Im Grunde wird dieses Rezept auch kompromisslos durchgezogen aber es gibt doch ein, zwei Nummern die für mich persönlich herausstechen. Zum einen „Out on the Streets“, das als DIE 80er Huldigung schlechthin durchgeht und einige wirklich tolle Soli zu bieten hat. Zum anderen die beiden Speed-Kracher „Raven“ und „Fight, Kill, Die“ bei denen der (durchweg) tolle Gesang (noch) kratziger wird was eine gewisse Nähe zu Judas Priest erkennen lässt (nicht das schlechteste Vorbild, oder?). Der Überhit des Albums ist allerdings das cheesige „Black Ninja“. Hier zeigt die Frontdame ihre volle Klasse und besticht sowohl in den gefühlvollen Strophen als auch im Refrain, auf den kontinuierlich und effektiv hingearbeitet wird. Dieser Ohrwurm ist der Hammer! „Rain Man“ beendet das Album dann wieder etwas klassischer, aber keineswegs weniger stark. Das Teil ist ein ähnlicher Hit wie der Vorgänger und die Biester feuern nochmal aus allen Rohren. Starke Leistung der Band und ein überzeugender Einstand von Sängerin Noora Luhimo (die mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist).


10. A Perfect Circle – Eat the Elephant (2018)

Ja, „Eat the Elephant“ fällt hier ein bisschen aus dem Rahmen, allerdings ist dieses Album einfach zu gut um es nicht zu erwähnen. A Perfect Circle umweht schon immer eine etwas abgedrehte, verschrobene Aura. Das ist auch hier nicht anders, allerdings wurde 2018 der Metal-Anteil der Musik auf ein Minimum zurückgefahren. Wirklich harte Gitarren sind nicht zu hören, stattdessen gibt’s eine leicht proggige Wundertüte mit durchweg starker Musik. 12 Songs die stellenweise sehr unterschiedlich klingen, aber immer den selben Charakter verkörpern und erkennbar Teil eines großen Ganzen sind. Die Musik klingt teilweise sehr reduziert, manchmal wirkt es sogar so, als ob das bewusste Weglassen von Instrumenten und Klängen eine eigene (neue?) Klanglandschaft hervorbringt. In diesem Terrain schüttelt sich die Band aber eine ganze Reihe Hits aus dem Ärmel. Egal ob das bittere „The Doomed“ zum härteren Teil der Platte gehört oder ob „So Long, and thanks for all the Fish“ geschmeidig ins Ohr fließt, jedem Song wohnt eine eigene Kraft inne, der man sich gar nicht entziehen will. Insgesamt schwingt immer eine etwas bittere Note in der Musik mit. Das lässt Nummern wie das coole „Hourglass“ etwas herausstechen, wirken sie doch in ihrem spritzigen Charakter fast fröhlich. Es empfiehlt sich übrigens das Album am Stück zu hören, denn dabei lassen sich sowohl die Texte besser studieren (wenn man das denn will), man kann sich aber auch einfach in der Musik fallen lassen und sich auf eine etwas verrückte Reise begeben von der man nie wirklich weiß wo sie hinführt.

Dominik Maier

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